ruben giannotti_jazz orchestra - fragment

ruben giannotti_jazz orchestra - fragment

ruben giannotti_jazz orchestra
fragment

Erscheinungstermin: 01.10.2019
Label: stoa.berlin, 2019

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Philipp Gerschlauer - Sopran-, Altsaxophon, Flöte
Eldar Tsalikov - Altsaxophon, Klarinette, Flöte
Peter Ehwald - Tenorsaxophon, Klarinette
Finn Wiesner - Tenorsaxophon, Klarinette, Flöte
Tini Thomsen - Baritonsaxophon, Bassklarinette
Tobias Weidinger - Trompete, Flügelhorn
Nicolas Boysen - Trompete, Flügelhorn
Johannes Böhmer - Trompete, Flügelhorn
Florian Menzel - Trompete, Flügelhorn
Simon Harrer - Posaune
Janning Trumann - Posaune
Johannes Lauer - Posaune
Felix Konradt - Bassposaune
Maria Baptist - Klavier, Rhodes
Attila Muehl - Gitarre
Matthias Eichhorn - Bass
Fabian Rösch - Schlagzeug
Ruben Giannotti - Elektronik, Trompete

Das hochkarätig besetzte Ensemble wurde 2019 von Ruben Giannotti ins Leben gerufen. Im Zentrum der Debut-Produktion steht die fragment Suite für Big Band, in der sich der Komponist intensiv mit Perspektivwechseln und der Beziehung zwischen der elektronischen und händischen instrumentalen Tonerzeugung beschäftigt hat. Das Resultat ist ein organisches Gemenge aus klassischen Big-Band-Topoi, Beats, Samples und generativen Automaten, die sich in jeder Schicht entfalten und nicht eineindeutig auf bestimmte Bereiche beschränkt werden.

Fragment 1
Rhythmisch akzentuiert geht´s los, langsam schält sich das Thema heraus. Ein gerader rockiger Beat liefert die Basis für die fulminanten Bläser, die das Thema ebenso eindringlich wie subtil mit ihren verschachtelten Sätzen umgarnen, ja einwickeln. Scharfe Einsätze der Bläser, durchlaufender Beat von Drums und Bass und Wechsel zwischen thematischen Teilen und den Soli (Alt, Posaune) charakterisieren dieses Fragment.

Fragment 2
Der 2. Titel ist noch rhythmisch betonter als sein Vorgänger: durchgeschlagener Beat, einfach gehalten. Darüber tönt ein Trompetensolo, lyrisch und balladesk bildet es den Gegensatz zur simplen Rock-Figur. Das Stück lebt von seinen Gegensätzen. Ein voluminöses Solo der Bassklarinette erspielt sich einfühlende Wärme, setzt musikalische Gegenpole zur knappen rhythmischen Basis. In dieses Spannungsfeld fallen die Bläser ein, gleichen harmonisch aus und vermitteln zwischen den Spannungspolen. Ungemein kurzweilig.

Fragment 3
Auch das 3. Fragment geht mit Schlagzeug und Bass sparsam um. Die hinzukommenden Bläser pusten vollmundig ins Thema, schaffen derart eine filigrane Vielschichtigkeit, während ein E-Piano mit elektrischer Spielerei dagegen anzuboxen versucht. Die Bläser schrauben sich in hohe Lagen empor, setzen spitze Nadelstiche ins Geschehen. Das Posaunen-Solo belebt die tieferen Frequenzen, schafft jazzige Erdung, sorgt für die erforderliche Emotionalität des Ganzen. Holz- und Blechbläser können es nicht lassen. Stets mischen sie sich ein, drängeln sich zwischen Thema und Solo, können von ihren zahlreichen Einsätzen nicht genug kriegen. Ab und zu meldet sich eine dunkle Stimme zu Wort, die nicht reden, sondern nur was sagen will.

Serpent
Es fängt an mit einem Solo der Trompete. Behutsam kommen andere Farbtupfer hinzu, es bleibt in ruhiger Stimmung, ein kompakter Ensemble-Sound voller Ruhe. Zum Gegensatz schlägt die Pianisten Maria Baptist auf die Tasten, gibt Rhythmus wie Thema vor. Jetzt wollen auch alle anderen Stimmen dabei sein, Gruppen-Sound a la Big Band, leicht schräg und verschmitzt, kollektive Entfaltung der einzelnen Klangfarben - mir kommen Assoziationen an das skurrile Willem Breuker Kollektief in den Sinn – gleicher Humor, feine Ironie, gleicher musikalischer Esprit. Dann das Solo des Pianos, das souverän ins Geschehen eingreift, mit Monk´schen Schalk im Nacken, jedoch tiefsinniger, es wird stetig schräger …. bis die Bläser die schiefe musikalische Bahn wieder ins Lot rücken. Da ist wieder diese Stimme aus dem Off…

Ruine
Die Klarinette legt thematisch los, Drums und Bass ziehen nach, jetzt stärker swingend, mehr Drive. Das Solo der Klarinette wirkt hier als Kontrapunkt, schillernde Tupfer, unbändig, hemmungslos. Der Rest des Orchestra` swingt munter weiter, klassischer Big Band Sound. In diese Klänge stößt das Solo der Gitarre, treibend und solange insistierend bis die Bläser mit ihren gnadenlosen Einsätzen wieder den Ton angeben, ihnen die Luft ausgeht und das Stück ausklingen darf. That´s contemporary Big Band Sound!

Vaermeland
Getragener Auftakt der Band, Verdichtung aller Stimmen. Aus dieser dichten Stille ertönen einzelne Saxofonstimmen. Das Sopran übernimmt das Solo, startet ruhig, verhalten, erhält dann viel Raum und Zeit für die Entfaltung seiner Improvisationen. Das wird gelegentlich von den übrigen Bläsern unterstützt. Vorsichtig auch die Drums, ja nichts zerdeppern … eine gefühlvolle Stimmung macht sich in dieser Ballade breit, in die das Solo der Trompete seine Farben malt. Das Sopran hat noch viele Ideen in seinem Korpus, die alle raus wollen. Ebenso die ganze Band, die diese Ballade mit ihren Stimmen ausschmückt. Noch mal das Horn. Was dem Solo des Sax gut und teuer war, ist dem Blech recht und billig. Und erst dem ganzen Orchestra. Aber Ausklingen darf der Titel dann durch sanfte Gitarrenklänge.

Ana Maria
Alle Sequenzen, die die vorigen Titel charakterisieren finden sich auch hier. Thema, Bläsersätze, Solostimmen - hier Tenorsax - und alles kreuz und quer und von vorne, nur linksherum. Der zurückhaltende Beat der Anfangstakte kommt lässig ins Swingen, um bald darauf wieder in den Hintergrund zu treten, um den Solostimmen ihren Raum zu lassen. Ein sehr dem Gruppen-Sound dienliche Spielweise von Schlagzeug und Bass. Für den Ausklang des Titels sorgen dann wieder die Bläser, die das Thema verdichten, energisch auf die Spitze treiben, um es dann sanft ausgleiten zu lassen. Kurz und gut: Im Jazz Orchestra von Ruben Giannotti ist alles enthalten, was exzellenten zeitgenössischen Big Band Sound auszeichnet.

Text: Cosmo Scharmer

  1. fragment #1
  2. fragment #2
  3. fragment#3
  4. serpent
  5. ruine
  6. vaermeland
  7. Ana Maria

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