Jochen Rueckert - Charm Offensive

Jochen Rueckert - Charm Offensive

Jochen Rückert
Charm Offensive

Erscheinungstermin: 02.09.2016
Label: Pirouet, 2016

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Mark Turner, tenor saxophone
Mike Moreno, guitar
Orlando le Fleming, bass
Jochen Rueckert, drums

Der Schlagzeuger Jochen Rueckert zählt zu einigen wenigen herausragenden deutschen Jazzmusikern, die in den 90er Jahren nach New York City zogen und in diesem Jazzmusiker-Mekka ein Zuhause fanden. Seine Zugehörigkeit zu führenden Gruppen wie dem Marc Copland Trio, Nils Wograms Root 70, der Kurt Rosenwinkel New Quartet, dem Melissa Aldana Trio und der Mark Turner Band hat Rueckert in die vorderste Reihe der Jazzmusiker des Big Apple katapultiert. Auf Charm Offensive, der zweiten CD Rueckerts auf Pirouet, hört man einige der innovativsten und erfolgreichsten Spieler der New Yorker Szene. Jochen Rueckert, Tenorsaxophonist Mark Turner, Gitarrist Mike Moreno und Bassist Orlando le Fleming unternehmen einen fesselnden Streifzug durch wandelbare musikalische Gebiete.

Neben seinem großen Erfolg als Sideman lässt Jochen Rueckert auch durch seine eigenen Gruppen und Kompositionen aufhorchen. Jazz Times schrieb über seine Debüt-CD bei Pirouet, Somewhere Meeting Nobody: „Rueckerts Erstling bei Pirouet, nachdem er häufig als Sideman bei diesem Label erschienen war, gehört zu den besten Veröffentlichungen des Jahres 2011“. Und Jazz Thing lobte: „Pure Poesie tropft aus jeder Note“. National Public Radio etikettierte den Tenorsaxophonisten Mark Turner als „vermutlich den einflussreichsten Tenor-Spieler seiner Generation“.

Jochen und Mark trafen sich vor über 20 Jahren. Seitdem haben sie in vielen Bands zusammengearbeitet, einschließlich derjenigen von Gitarrist Kurt Rosenwinkel, und Turner spielt nun in Rueckerts Band seit deren Gründung vor ungefähr sieben Jahren. Downbeat bezeichnet Mike Moreno als „einen der packendsten Gitarristen des heutigen Jazz“. Mike und Jochen spielen zusammen, seit Moreno 1999 nach New York City ging. „Wir spielten viel in diesen geradezu inzestuösen Bands von ihm und Aaron Parks, in denen immer dieselben Leute auftauchten.“ Den Bassisten Orlando le Fleming traf er vor etwa acht Jahren in Will Vinsons Band. „Ich habe mir diese Musiker ausgesucht, weil ich mich in jedem Setting mit ihnen sehr wohl fühle und wir über die Jahre eine gemeinsame Sprache entwickelt haben. Außerdem habe ich mit Mike diese indischen Sachen gemacht.“

Die vorhin erwähnten „indischen Sachen“ beziehen sich auf drei Stücke auf diesem Album. „Mike und ich haben uns in den letzten Jahren immer wieder mit Adaptionen von Karnatischer Musik beschäftigt, die zu den Genres der klassischen indischen Musik gehört. Er spielte eine modernisierte elektrische Version einer Vina, also einer indischen Laute; und ich habe auf der Pakhawaj zu spielen gelernt, einer fassförmigen indischen Trommel, die auf zwei Seiten Felle hat. Wir griffen einige traditionelle Formen und Ragas auf, veränderten die Rhythmen etwas und fügten westliche Harmonien hinzu. Ich hatte immer den Verdacht, dass Marks Interesse an vegetarischem indischem Essen und seine enorme Auswahl von Serwanis, also diesen langen indischen Jacken, die er stets trug, auf ein tieferes Interesse an der Kultur dieses Landes hindeuteten, und als wir uns entschlossen, ihn mit dieser Musik zu konfrontieren, entdeckten wir, dass er ungewöhnlich große Kenntnisse über südasiatische Musik hatte. Da machten wir uns daran, einige Kompositionen dem westlichen temperierten System anzupassen. Mike ersann ein System, die originale mikrotonale Stimmung auf eine normale Gitarre zu übertragen, und ich habe einige Pakhawaj-Patterns für Drum-Set transkribiert.

Schließlich änderten wir die Melodien noch ein bisschen, und heraus kamen Charm Offensive, Parasitosis und Purring Excellence. Diese Namen sind das Ergebnis von Anagrammen der phonetischen Imitation der originalen Titel, die jeweils dem Stück zu Grunde liegen, als Verbindung zum ursprünglichen Raga. Charm Offensive setzte sich bei uns als Album-Titel fest, da es zwei polare Gegensätze enthält. Gegensätzlichkeiten, Dichotomien, haben mich immer angezogen – und sie spiegeln sich im kompositorischen modus operandi dieser Stücke.“ Die anderen sechs Stücke auf der CD entspringen allesamt Jochen Rueckerts sehr persönlicher Sicht auf die Launen des Lebens.

In 5-Hydroxytryptamine stehen ein Bossa-artiges Thema und unruhige Zwischenspiele auf entwaffnende Art nebeneinander. „Ich habe die Hälfte des Stücks geschrieben, während ich Antidepressiva nahm – und die andere Hälfte, während ich die sogenannten Anti-Depressiva wieder absetzte. Interessanterweise ist der eher besänftigende Teil in der unbequemen Zeit entstanden, in der ich von der Droge loszukommen suchte – was herkömmliche Meinungen über eine Korrelation zwischen dem, was in einem Komponisten vorgeht, und dem, was dabei herauskommt, ganz klar widerlegt.“

Kurz und ohne Improvisation ist das Stück Außenposition konzipiert. „Es ist dem berühmt-berüchtigten Bus-Transfer zwischen Terminal und Flugzeug auf dem Frankfurter Flughafen gewidmet. Die drei ständig wiederholten Melodietöne beziehen sich auf eine Abfolge von Interaktionen zwischen dem Busfahrer und dem Chef der Flugzeug-Crew, die viele Male eine erhoffte Handlung (nämlich, dass sich der Bus endlich in Bewegung setzt) erwarten, aber nie eintreten ließen. Das ganze Stück ist eine Übung in Geduld und sich verlängernder Unannehmlichkeit.“

Eunice Park ist der „Name der Figur in einem Gary-Shteyngart- Roman, in die sich der Protagonist verliebt, in einer totalitären Version New Yorks in naher Zukunft . Die Zustände in unserer Gesellschaft haben sich nicht unähnlich zu denen in diesem Roman entwickelt, und da fühlte ich mich verpflichtet, das Stück so zu nennen. Ironischerweise ist das Stück, das am meisten in der Jazz-Tradition wurzelt, aber auf eine halb-sarkastische Art.“

„Die Melodie von Stretch Mark ist eine musikalische Annäherung an die ersten glucksenden Worte, die mein Sohn von sich gab, als er ungefähr acht Monate alt war. Eine spezielle Phrase blieb mir im Gedächtnis und wurde hier zum A-Teil. Zu jener Zeit war ich beeindruckt vom schnellen Wachstum seiner Oberschenkel, wobei die Haut nicht so ganz mithalten konnte – daher der Titel des Stücks.“

Die aufsteigenden Akkorden in der Ballade The Alarmists verleiht dem gespenstischen Thema zusätzliche Spannung, mit einem Ende, das dem Stück etwas scheinbar Unaufgelöstes gibt.

Jochen Rueckerts Musik hat autobiographische Züge, eine Mischung aus Verspieltheit und Tiefgründigkeit, und einen trockenen Humor, der sich mit dem weiten Horizont von Musikern verbindet, die denselben geistigen und emotionalen Wegen folgen; Charm Offensive – eine verführerische musikalische Attacke, die die Empfindsamkeit des Zuhörers aufrüttelt.

  1. Stretch Mark
  2. 5-Hydroxytryptamin
  3. Aussenposition
  4. Parasitosis
  5. Eunice Park
  6. The Alarmists
  7. Purring Excellence
  8. Charm Offensive

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