Sophistication hat viele Gesichter. Unter E-Gitarristen allemal. Marc Ribot gehört zu den ungewöhnlichsten, seit sein spröder, trashiger Sound und die störrische Intonation des New Yorkers Tom Waits' Klassiker Rain Dogs (1985) veredelte. Mit Your Turn, dem zweiten Album seines Power-Trios Ceramic Dog, ist dem mit vielen Wassern gewaschenen Gitarristen ein wunderbar dreckiges Album gelungen.
Laut und kompromisslos, in planvoll angeschrotteten Klangkonditionen, drückt sich das Trio aus der Garage. Macht sich über den Brubeck-Klassiker „Take Five“ her, dekonstruiert ihn, tritt und rumpelt, um ihn schließlich, geschärft und gegenwartsrelevant, von der Leine zu lassen. Jazz im 21. Jahrhundert. Gespielt von einer Rockband.
Einer nicht alltäglichen allerdings. Shahzad Ismaily (Bass, Electronics) und Ches Smith (Schlagzeug) zählen zu den derzeit unabhängigsten Spielern des US-Improv-/Experimental-Underground. Individualistische Teamplayer, dem Bandsound verpflichtet. Sie haben Erfahrungen gesammelt bei so unterschiedlichen Leuten wie Will Oldham, Yoko Ono, Tim Berne, Wadada Leo Smith und in Bands wie Xiu Xiu und Mr. Bungle.

Der skelettierte Post-Punk-Blues „Lies My Body Told Me“ eröffnet Your Turn, ein wahrhaft physisches Liebes-Lamento. „The Kid Is Back“ ist eine hinterhältige Swing-Nummer, die eindringliche Vertonung von „Bread And Roses“ von US-Dichter James Oppenheim (1882–1932) beschwört das wahre Leben jenseits bloßer Existenz. Krumme Taktarten, krachender Highspeed-Jazzrock, scheppernde Blechnapf-Americana, etwas, das klingt wie Sonic Youth, runtergebrochen auf Neil Youngs Crazy Horse. Ribot erweist sich als naturbelassen ausdrucksstarker Vokalist zwischen mittsiebziger NYC-Punk der ersten Stunde, stiller Ballade und sarkastischem Rap.

1. Lies my body told me
2. Your turn
3. Masters of the internet
4. Ritual slaughter
5. Avanti populo
6. Ain't gonna let them turn us round
7. Bread and roses
8. Prayer
9. Mr. Pants goes to Hollywood
10. The kid is back!
11. Take 5
12. We are the professionals
13. Special snowflake