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Anke Verslype - Now`s the Time 2023

Artist: Anke Verslype
https://www.ankeverslype.com/
Magazine: Jazz'halo
Anke Verslype (30) stand bereits mit ihrem Abschlussprojekt am Antwerpener Konservatorium im Jahr 2020 im Rampenlicht. Els Smedts, Leiterin der Jazzabteilung der APSchool of Arts, stellte Anke Verslype bei Jazz Middelheim 2020 als vielversprechendes Talent vor. Dies war die Premiere der Band aki, gefolgt von der EP 'Niobe' (2021) mit dem Gitarristen Willem Heylen, dem Bassisten Ruben De Maesschalck und der Harfenistin Marjolein Vernimmen. Das Album wurde vom Publikum sehr positiv aufgenommen.
Radio Klara beschrieb das Album als "erzählerische und instrumentale Musik mit einem unverwechselbaren Sound, der uns in einen warmen und melancholischen Fluss mitnimmt".
Der Schwung war da und aki wurde in der neuen Besetzung mit dem Klarinettisten Joachim Badenhorst für das Debütalbum "nader" (2022) beim Label W.E.R.F. unter Vertrag genommen. aki wurde daraufhin eine JazzLab-Tour im Herbst 2022 angeboten.
Im Dezember 2022, kurz vor dem Ende der Tournee, haben wir dieses Interview mit Anke geführt, um über ihre Arbeit auf Jazz'halo und bei unseren Webpartnern in Belgien (JazzMania) und im Ausland (Citizen Jazz, London Jazz News, Jazz-fun.de, Giornale della musica, Written in Music und Donos Kulturalny) im Rahmen des Internationalen Frauentags 2023 zu sprechen.
Anke Verslype wurde in Ieper geboren und wusste schon früh, dass sie Schlagzeug spielen wollte. Sie besuchte eine Musikschule und nahm auch Rhetorikunterricht. Schließlich entschied sie sich, Musik und Schlagzeug zu studieren. Anke studierte zunächst in der Pop- und Jazzabteilung des JazzStudios in Antwerpen. Dort nahm sie Unterricht bei Herman Pardon und ihr Interesse am Jazz wuchs. Im Alter von 23 Jahren begann sie ein Schlagzeugstudium an der Jazzabteilung des Antwerpener Konservatoriums bei Jan de Haas und Teun Verbruggen.
Anke Verslype: Ja, eigentlich gab es nicht viele andere Musikerinnen, außer zwei Frauen am Saxophon und dann die Sängerinnen. Beim Schlagzeug ist das eher ungewöhnlich. Meistens wird der Name Isolde Lasoen genannt und vor kurzem ist Karen Willems bei einer JazzLab-Tour aufgetreten. Es wäre schön, wenn es mehr Schlagzeugerinnen gäbe. In Diest und Aarschot, wo ich unterrichte, hätten die Mädchen, die ich unterrichte, gerne eine Schlagzeuglehrerin.
Du hast dein Studium mitten in der Pandemie abgeschlossen? Hast du dir Gedanken über deine Zukunft als Musiker gemacht? Wie bist du damit umgegangen?
A.V.: Ich habe schon während meines Studiums unterrichtet. Konzerte wurden während der Pandemie rar und verschwanden plötzlich durch die Abriegelung. Glücklicherweise war ich finanziell unabhängig. Ich hatte Glück, denn ich konnte weiterhin online unterrichten, und das hat mich gerettet. Ein Freund aus dem Theater musste seinen Job aufgeben und arbeitete einen Monat lang bei der Post. Ich konnte weiter Musik machen, weil ich ein Einkommen hatte und von zu Hause aus arbeiten konnte. Das Wetter war schön und ich konnte viel in meinem Garten lesen. Das war sehr inspirierend. Es war ein Vorteil, weil ich all diese Musik schreiben konnte. Auch wenn Covid mich nicht direkt inspiriert oder mir Ideen für Kompositionen gegeben hat.
Was sind deine musikalischen Inspirationsquellen?
A.V.: Als ich anfing, Jazz zu hören, war ich ein Fan von Keith Jarrett und dem Schlagzeuger seines Trios, Jack DeJohnette. Am Konservatorium entdeckte ich Paul Motian und war fasziniert von Joey Baron und Brian Blade.
Wie würdest du deinen Schlagzeugstil beschreiben?
A.V.: Ich bin vielleicht nicht so technisch, ich gehe das Schlagzeugspielen musikalisch an. Für mich geht es nicht um Kraft oder Gefühl. Was ich an diesem Instrument mag, hat nichts mit Geschwindigkeit oder Technik zu tun. Dieses Gefühl finde ich zum Beispiel bei Paul Motian.
Ich habe während eines Kabarettkurses angefangen, Lieder zu schreiben. Ich komponiere hauptsächlich am Klavier. Ich suche Melodien, die mich inspirieren, die mich berühren. Ich habe Arrangement- und Kompositionsunterricht bei Dree Peremans und Bert Joris genommen. Zuerst habe ich mich nicht getraut, Jazz zu komponieren, aber jetzt stürze ich mich darauf und schaue, was dabei herauskommt. Ich möchte weiter nach Klängen suchen und Techniken erforschen. Ich habe viel von dem amerikanischen Schlagzeuger Steve Clover gelernt, der in Berchem lebt. Für ihn geht es auch um Gefühle. Und auch von Stijn Cools habe ich viel gelernt, obwohl sein Unterricht durch Covid unterbrochen wurde.
Eure Band hat eine ungewöhnliche Besetzung, wie habt ihr sie zusammengestellt?
A.V.: Ich suche Persönlichkeiten, mit denen ich spielen kann, Musiker, denen ich gerne zuhöre, die ich mag und mit denen ich mich identifizieren kann. Die nicht egoistisch sind. Jeder spielt für den anderen, wir sind echte Freunde, wir passen musikalisch und menschlich zusammen. Wir sind eine richtige Band, daher der Name: aki. An der Harfe spielt Marjolein Vernimmen. Sie hat klassische Musik am Antwerpener Konservatorium studiert, wo ich sie kennengelernt habe. Der Gitarrist Willem Heylen und der Bassist Ruben De Maesschalck waren Studenten der Jazz-Abteilung. Ich wollte einen bestimmten Klang mit all diesen Streichern erreichen. Willem ist sehr musikalisch und hat eine sanfte Persönlichkeit. Ruben ist auch sehr nett und bringt seine Fröhlichkeit in die Band. Für die Soli wollte ich ein Blasinstrument hinzufügen. Kein Saxophon, aber eine Klarinette oder eine Flöte, weil das eine schöne Kombination mit der Harfe ist. Ich verfolgte Joachim Badenhorst eine Weile und hörte ihn mit Ruben Machtelinckx spielen. Das war sehr melodisch, aber auch sehr frei. Es geht in alle Richtungen, es ist abwechslungsreich.
Der Gesang scheint auch ein Element zu sein...
A.V.: Ich möchte nicht singen. Hinter meinem Instrument fühle ich mich sicher. Wenn ich ein Mikrophon vor mir habe und den Drang verspüre zu singen, kann ich es vielleicht tun. Früher habe ich das getan. Jetzt konzentriere ich mich lieber aufs Spielen. Wenn ich komponiere, singe ich gerne die Melodien. Aber auf der Platte ist es Joachim Badenhorst, der durch seine Klarinette singt, mit einer ganz besonderen Stimme. Bei einem Stück singen wir zusammen, weil ich einen kleinen Chor in das Stück einbauen wollte.
Was inspiriert dich?
A.V.: Mein Ausgangspunkt sind Gefühle und Emotionen. Wenn ich frühmorgens die Sonne sehe, löst das bei mir ein Gefühl aus, das ich in Musik umsetzen möchte. Auch Literatur kann eine Inspirationsquelle sein, zum Beispiel habe ich durch das Lesen von Haruki Murakami Ideen bekommen. Wenn ich komponiere, suche ich immer nach einer Melodie. Ich nehme sie auf und schreibe den Refrain darum herum, die Struktur. Der Rest des Songs ist ziemlich frei und ich arbeite mehr mit meinen Musikern daran. Wenn ich etwas schreibe und meine Mitmusiker mögen es nicht, dann machen wir nichts daraus. Jeder muss es mögen. Die Melodie kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende stehen, solange sie eingewoben ist. Ich will Musik machen, die ich selbst gerne höre. Und ich bin superglücklich, wenn die Leute sie gerne hören. Sie sollen sich ihre eigenen Geschichten ausdenken.
Du verwendest markante niederländische Titel...
A.V.: Wenn ich mich zu einem Titel inspirieren lasse, denke ich an ihn in meiner Muttersprache. Ich finde es nicht richtig, ihn ins Englische zu übersetzen, nur weil er international klingt. Diese Titel liegen mir sehr am Herzen und kommen mir spontan in den Sinn. Und wenn jemand einen Titel vorschlagen möchte, bin ich offen dafür.
Du machst viel Musik und bist an vielen Projekten beteiligt...
A.V.: aki bleibt natürlich meine Priorität, aber ich möchte nicht in diesem Kokon bleiben. Ich möchte weiter denken und offen sein für Musiker, denen ich etwas bieten kann. Bei den Sound in Motion Sessions zum Beispiel konnte ich drei Tage lang Spaß haben und entdecken, was ich noch alles mit dem Schlagzeug machen kann... Ich habe dort im Dezember 2021 mit Karen Willems und im Oktober 2022 mit dem Gitarristen Joe Morris, dem Saxophonisten Will Greene und der Geigerin Elisabeth Klinck gespielt. Es war eine ganz besondere Erfahrung, mit Musikern zu spielen, die ich sonst nie getroffen hätte. Es war eine echte Entdeckung, in verschiedenen Formationen zu spielen. Was mir bei Sound In Motion auch gefällt, ist die gute Balance zwischen männlichen und weiblichen Musikern. Es ist etwas ganz anderes, die einzige Frau in einer Männerband zu sein. Manchmal spiele ich mit der Sängerin Fien Desmet. Ich mache die Schlagzeugparts in ihren Liedern. Mit Chantal Acda habe ich ein paar Songs für Isbells aufgenommen. Ich habe auch für das Theater FroeFroe gearbeitet. Außerdem habe ich mit dem vielseitigen Musiker Jan Verstraeten zusammengearbeitet. In meinem letzten Jahr am Konservatorium habe ich an einem Projekt mit Adia Vanheerentals und ihrer Musik gearbeitet. Wir haben im Studio von Nicolas Rombouts aufgenommen. Aber das Album ist noch nicht erschienen. Wenn ich meine Kreativität in ein Projekt einbringen kann, stehe ich voll dahinter, ich möchte sie mit anderen teilen. Ich habe auch mit Jakob Bro am Konservatorium gearbeitet. Eine andere Erfahrung war ein Bigband-Arrangement, das ich geschrieben und mit dem Antwerp Jazz Orchestra unter der Leitung von Bert Joris und Chris Potter als Solist aufgeführt habe.
Letztes Jahr habe ich auch einen Kurs in Filmkomposition belegt. Was Filmkomponisten wie Max Richter machen, fasziniert mich. Wenn ich mal einen Auftrag bekomme, nehme ich die Herausforderung gerne an!
Mein neuestes Projekt ist Artist in Residence bei Rataplan in Antwerpen. Ich spiele ein Duo mit dem Gitarristen Bert Dockx, zum Teil Musik, die wir zusammen aufgenommen haben, zum Teil völlig improvisiert. Den Bassisten Ruben De Maesschalck habe ich gebeten, den harmonischen Ansatz zu entwickeln. Das nächste Residenzprojekt wird noch größer, unter anderem mit Jozef Dumoulin, Lynn Cassiers, Frans Van Isacker, Yannick Peeters und Willem Heylen. Darauf freue ich mich sehr.
Außerdem spiele ich Schlagzeug für die neuen Kompositionen von Anna Muchin (ihr Künstlername ist Scarlett O'Hanna - https://scarlettohanna.com/).
Was ist deine nächste Herausforderung?
A.V.: Mein Ziel ist es, eines Tages von meiner Musik leben zu können. Zu komponieren und das Interesse der Leute aufrecht zu erhalten, das ist die Herausforderung. Nach den EPs und dem Album werde ich mich 2023 auf das nächste Album mit aki konzentrieren, das 2024 erscheinen wird. Ich möchte auch meine eigene musikalische Identität weiterentwickeln, indem ich neue Ideen einbringe. Wir werden versuchen, mit einer kleinen Harfe zu experimentieren, einer Volksharfe, die Marjolein Vernimmen spielt. Ich möchte mich ihr mehr akustisch nähern, mit weniger Effekten. Obwohl meine Musiker Pedale benutzen, schleicht sich immer wieder Elektronik ein. Joachim Badenhorst ist wieder dabei. Außerdem lade ich den Euphoniumspieler Niels Van Heertum ein. Außerdem höre ich in letzter Zeit viel klassische Musik. Letztes Jahr war ich in einer Oper, wo ich Puccini entdeckt habe, der mir ein ganzes Universum eröffnet.

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