Bobo Stenson Trio beim Berliner Jazzfest 2021 im Pierre Boulez Saal
Sich und seiner Musik treu bleiben

Bobo Stenson – Klavier
Anders Jornim – Kontrabass
Jon Fält - Schlagzeug
Zusammen mit seinem damaligen Compagnon Jan Gabarek hat er wesentlich den ECM-Sound der frühen Jahre mitgeprägt, zumindest was die europäische Szene betrifft. Auf der anderen Seite des Atlantiks sorgte Keith Jarrett für den Erfolg von Sound und Label. Aber klingt der „alte Bekannte“ heute noch so wie damals, als ich ihn in einem kleinen Studentenjazzkeller Mitte der 70-ziger das erste Mal hörte? Kreiert er nach wie vor diesen ECM-Sound?
Der 1. Titel stellt sich mit gestrichtem Bass und ein paar Geräuschen der anderen Instrumente vor: Fiepslaute, Beckenschall, etwas Geklapper. Erste leise Töne des Pianos gesellen sich dazu, ein vorsichtiges Herantasten an die Musik. Dann treffen sich Piano und Bass zu einem Thema und lassen einen verhaltenen, eben den klassischen ECM-Sound erklingen, der mit federnden Besen der Drums zu swingen anfängt, natürlich behutsam. Es scheint sich also wenig geändert zu haben oder doch?
So wie der 1. Titel endet, so fängt das 2. Stück an: Bei Themen- und Melodieführung und den kurzen Soli wechseln sich Bass und Piano gerecht ab. Aber im Gegensatz im 1. Titel haut Jon Fält nicht nur metaphorisch auf die Pauke. Real haut er mit festen, schweren Schlägen auf seine Trommeln, lässt die Becken scheppern. Das Piano setzt akzentuierte Akkorde, der Bass rumpelt und so robbt sich das Thema fort. Bobo Stenson steuert mit ein wenig sperrigen Akkorden zum Klangbild bei, löst diese dann mit gängigen Läufen der rechten Hand wohltönend auf. Der Sound hat sich also doch geändert, zumindest was die rhythmische Komponente der Drums belangt.
Weiter geht´s mit einem Wedding Song vom Bela Bartok, so erläutert Bobo Stenson. Einführung, Einstimmung ist Sache des Pianos. Das klingt verhalten, zart mit einem Schuss Melancholie. Statt Heiterkeit fällt die Musik in eine leicht schwere Stimmung. Auf dieser Hochzeit ist nichts zum Tanzen, vor allem keine „Ungarischen Tänze“. Dann gestaltet das Trio ihre Musik ein wenig kraftvoller. Ja, aber auch hier gilt. Bloß nicht übertreiben, nicht ohne ein wenig Schwermut.
Auch der folgende Titel bewegt sich zwischen den Polen Kammer-Jazz mit einem lyrisch-introvertiertem Piano und den etwas auffrischenden rhythmischen Einsprengseln von Drums und den Soli von Bassist Anders Jornim. Nach einer zu füllenden musikalischen „Pause“ mit Klappern und Scheppern, bringt das nächste Stück ein bewegtes Thema hervor. Die leicht swingende rhythmische Basis tönt mit Latin Tough und bewegt Bobo Stenson dazu, mehr aus sich herauszugehen. In Rage spielt er sich nicht, aber seine solistischen Läufe sind agiler als bei den vorherigen Titeln und zeigen jetzt auch die expressive Seite des Pianisten. Eine fetzige Komposition des Klassikers Don Cherry macht das möglich. Davon mehr!
Alles in allem spielt das Trio einen Sound, der so oder ähnlich schon Mitte der Siebziger Jahre zu hören war. Bobo Stenson ist sich und seinem ECM-Sound treu geblieben.
Einen Kommentar schreiben