David Helbock - Into the Mystic

David Helbock
Into the Mystic
Erscheinungstermin: 26.08.2016
Label: ACT, 2016
David Helbock, piano
Raphael Preuschl, bass ukulele
Reinhold Schmölzer, drums
„Kein Musiker erfindet wirklich etwas ganz Neues. Jeder nimmt Ideen und gibt seine dazu. Dadurch entsteht im Idealfall Spannendes“, sagt David Helbock. Der 32-jährige Jazzpianist gehört zu der Generation junger Jazzmusiker, die die Grenzen ihres Metiers sprengen, die das musikalische Verständnis von alt und neu, von Komposition und Improvisation, von Stil und Persönlichkeit radikal verändern und ihren eigenen Weg gehen.
„Heutige Jazzmusiker nehmen oft Popsongs als Basis. Aber es ist egal, ob das, was du coverst, seinen Ursprung in Pop, Klassik, Weltmusik oder sonst etwas hat. Es kommt darauf an, was du daraus machst.“ Dass es Gewicht hat, was Helbock aus seinen Vorbildern und Eingebungen macht, hat die Presse längst erkannt, die ihn als „gewieften Sound-Tüftler und konsequenten Spurensucher am Puls der Zeit“ (3sat Kulturzeit) oder als „Shooting-Star der europäischen Szene“ (Süddeutsche Zeitung) feiert; und das zeigt nun auch sein ACT-Debüt „Into the Mystic“.
Für seine Musik zapft David Helbock die unterschiedlichsten Inspirationsquellen an, vom Alltag über die Natur und die verschiedensten musikalischen Einflüsse bis zu Texten aller Art. „Schon immer beeinflussten außermusikalische Lebenserfahrungen meine Kompositionen. Ein paar interessante Noten aneinandergereiht, das reicht irgendwie nicht“, befindet er. Eine Einstellung, die seine Musikerbiographie durchzieht: Aus dem österreichischen Vorarlberg stammend begann Helbock im Alter von sechs Jahren mit dem Klavierspielen. Zwar besuchte er bereits mit zwölf das Jazz-Seminar in Dornbirn, sein Studium machte er aber im klassischen Konzertpianistenfach, das er ebenso mit Diplom abschloss. „Danach hatte ich mit dem New Yorker Pianisten Peter Madsen einen wahnsinnigen, idealen Jazz-Lehrer, der mich mit allem Möglichen an Musik-Stilen, Kunst und Philosophie fütterte, aus dem ich mir intuitiv das für mich Passende heraussuchte“, erinnert sich Helbock. Diesen wahren Geist der Improvisation, das Freie, Eigene aus klaren, durchdachten Strukturen zu schöpfen, exerzierte er danach in den verschiedensten Formen durch.
Kaum ein anderer Pianist hat dabei in jungen Jahren eine ähnlich hohe Schlagzahl vorgelegt. 2010 etwa veröffentlichte er sein 600-seitiges „My Personal Realbook“, eine Art musikalisches Tagebuch, für das er ein Jahr lang jeden Tag ein Stück komponierte. Und schon bis 2013 hatte Helbock mehr als zehn Alben in den verschiedensten Besetzungen eingespielt: Vor allem mit seinem humorvoll zwischen allen Stilen irrlichterndes Trio Random/Control mit den multiinstrumentalen Bläsern Johannes Bär und Andreas Broger sorgte er für Furore.
Nun aber fand es der musikalische Geschichtenerzähler Helbock an der Zeit, all dies zu bündeln und auf den mystischen Kern des Musizierens selbst zu reduzieren. Im eingespielten Trio mit Raphael Preuschl an der seltenen Bass-Ukulele und Reinhold Schmölzer am Schlagzeug geht es auf verschiedenen Ebenen „Into the Mystic“. Mythologien verschiedenster Art, von den altgriechischen Göttersagen und dem Erdmythos bis zu davon durchdrungenen Schrift-, Film- und Kunstwerken, speisen dieses Album thematisch. Anders als viele frühere Projekte Helbocks mit wilden, mitunter auch elektronischen Experimenten sind seine Kompositionen hier eher Traumgewebe – getreu dem Satz des amerikanischen Mythologie-Professors Joseph Campbell: „Mythen sind öffentliche Träume, Träume sind private Mythen“. Campbells Ausführungen zu den universellen Strukturen und den lokalen Besonderheiten von Mythen waren ein entscheidender Einfluss für George Lucas‘ „Star Wars“-Saga - und so bilden vier Stücke Helbocks, die die berühmte Filmmusik von John Williams aufnehmen, quasi das Skelett des Albums.
Um dieses herum spinnen Helbock, Preuschl und Schmölzer feinsinnig und virtuos mystische Geschichten um Götter, Helden und Wunder, mal lyrisch, mal hymnisch, aber stets überraschend. So wie die bewegende Ballade „Eros“, die dem griechischen Liebesgott gewidmet ist. Oder die das Schlichte mit komplexen Ideen aufladende Hommage an sein Vorbild Thelonious Monk „Spiritual Monk“. Oder im schillernd-geheimnisvollen Titelstück. Im vielleicht ergreifendsten Stück „The Soul“ nimmt Helbock eine mystische Erzählung des persischen Sufi-Dichters Hafis aus dem 14. Jahrhundert auf, die beschreibt, wie sich bei der Schöpfung des Menschen die Seele dank der Musik in die Gefangenschaft im Körper des Menschen fügt.
„Musik kann man rational verstehen oder man kann sie einfach emotional lieben. Sie kann uns aber darüber hinaus auf eine mystische Art da ergreifen, wo Worte enden. Es war eines meiner Ziele, dieses Geheimnis der Musik aufzuspüren.“ Was Helbock damit meint, versteht man schon sehr gut bei seinem Solo-Einstieg ins Album, wenn er das ergreifende, Prozessions-artige Thema des zweiten Satzes von Beethovens 7. Sinfonie in ein Wechselspiel aus tiefen Akkorden und abgedämmten Obertönen gießt und so in seiner klanglichen Essenz herausschält. Wie oft auf diesem Album wird da aus Mystischem Magisches.
- Beethoven #7: 2nd movement
- The soul
- Spiritual monk
- Exodus to Star Wars I
- Louverture
- Eros
- Exodus to Star Wars II
- Mother Earth
- Into the mystic
- Exodus to Star Wars III
- A child is born
- Masks
- Star Wars Theme
- The world needs more heroes
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