Elsa Johanna Mohr, Flávio Nunes - Passadinha

Elsa Johanna Mohr, Flávio Nunes
Passadinha
Erscheinungstermin: 27.01.2023
Label: Double Moon, 2022
Flávio Nunes - Guitar
Elsa Johanna Mohr - Vocals
In der 96. Folge von „Jazz thing Next Generation“ scheint es nach Brasilien zu gehen, doch die Sängerin Elsa Johanna Mohr kommt aus Düsseldorf. Aber bereits während ihrer Schulzeit verbringt sie ein Austauschjahr in Brasilien und verliebt sich in die dortige Musik. Ein Studium der portugiesischen und brasilianischen Literaturwissenschaft in München einschließlich einer Bachelor-Arbeit über den brasilianischen Komponisten Dorival Caymmi schließt sich an, währenddessen singt und spielt sie in diversen Bands und studiert dann Jazzgesang in Osnabrück, wo Simin Tander, Tobias Christl und Efrat Alony zu ihren Lehrern gehören.
Auf ihrem Debüt-Album „Passadinha“ (Double Moon/Bertus) ist sie nun zusammen mit dem brasilianischen Gitarristen Flavio Nunes zu hören. „Flavio lebt seit drei, vier Jahren in Deutschland und beim Jammen und ersten kleinen Auftritten hat es einfach gepasst“, erinnert sich die Sängerin. „Was Flavio sehr besonders macht, ist seine sensible Art der Begleitung. Ich fühle mich sehr gesehen und gehört von ihm, da er sehr feinfühlig ist.“
Zusammen haben die beiden ein Repertoire aus Mohrs Originalen und diversen brasilianischen Klassikern zusammengestellt, zu denen beispielsweise „Fechado Pra Balanço“ von Gilberto Gil oder „Tempo de Amor“ aus der Feder von Baden Powell gehören. „Angefangen haben wir mit brasilianischen Klassikern, die nun auch auf dem Album zu finden sind“, erläutert Mohr die Songauswahl. „Dazu gehört ‚A Menina Dança‘ - das Mädchen tanzt - von der Gruppe Novos Baianos. Wir haben darauf geachtet, dass wir nicht nur Bossa Nova dabei haben, sondern auch mal einen Choro oder etwas Poppiges.“
Die klare Diktion und der ungezwungene Stil von Mohrs Gesang machen „Passadinha“ zu einem kleinen Juwel - die Neue Osnabrücker Zeitung bescheinigte ihr schon, zu singen, „als sei sie am Zuckerhut aufgewachsen“ -, zu dem Nunes, der sowohl an der akustischen als auch an der elektrischen Gitarre zu hören ist, eine Menge beiträgt. Er beherrscht die komplexesten Rhythmen mit atemberaubender Leichtigkeit und gibt dem lässigen Gesang Tiefe und eine zusätzliche Dimension.
Besonders frappierend sind aber die eigenen Stücke, die Mohr in Portugiesisch verfasst hat und die sich nahtlos in die Reihe der brasilianischen Songs einfügen. Das leicht balladesk und melancholisch klingende „Casuleira“ - hier begleitet sich Mohr selbst auf der Gitarre - spielt mit hohen Tönen. „In dem Song - ‚Casuleira‘ bedeutet so viel wie Kokon - geht es um eine Frau, die sich einmauert und versucht, Gefühlen aus dem Weg zu gehen, um nicht verletzt zu werden“, erläutert die Sängerin. Im Bossa Nova „Gíria“, das mit dezenter Perkussion veredelt wurde, geht es um die Sprache, die in Brasilien gesprochen wird und deren Fallstricke. „‚Giria‘ heißt übersetzt Umgangssprache und es geht darum, dass ich zuerst mit der brasilianischen Umgangssprache in Kontakt gekommen bin“, erzählt Mohr. „Erst im Studium habe ich die korrekte Grammatik gelernt und mittlerweile spreche ich korrekter als mancher Brasilianer.“
Andere Fallstricke, denen man sich im Leben erwehren muss, haben natürlich mit der Liebe zu tun. Hinter dem transparent klingenden Titeltrack verbirgt sich eine Geschichte, die die Sängerin selbst erlebt hat. „‚Passadinha‘ bedeutet so viel wie kleiner Spaziergang und hat einen ziemlich dramatischen Hintergrund“, sagt Mohr. „Ich habe mal in einem kleinen Dorf in der Nähe von Belo Horizonte gelebt. Dort hat sich jemand in mich verliebt, der sehr eifersüchtig wurde, als ich mit jemand anderem zusammen war. Er hat nachts alle meine Klamotten aus dem Haus geworfen, die hingen dann in den Bäumen.“
Die Tücken der Eifersucht spielen ebenfalls eine Rolle im träge dahin schlurfenden „Loop Infinito“, der das Album beschließt. „Der Song handelt von einem aufdringlichen Verehrer, der einfach kein Nein hören wollte“, berichtet die Sängerin. „Das hatte etwas von Stalking und mein Mann musste eingreifen.“
jazz-fun.de meint:
Alles in allem wird ein gewisses Niveau nicht unterschritten und garantiert uns angenehme Momente in der Gesellschaft brasilianischer Musik. Wenn ich dieses Album höre, habe ich den Eindruck, dass Elsa Johanna Mohrs Element die Bühne und nicht das Studio ist. Erst dort bekommt ihre Musik die richtige Dimension. Deshalb hoffe ich, sie bald mit diesem Programm live zu sehen und zu hören.
- Tempo de amor
- Passadinha
- A menina danca
- Danca da solidao
- Giria
- Fechado pra balanco
- Carinhoso
- Meu piao
- Casuleira
- So quero
- Loop infinito
Einen Kommentar schreiben