Jaki Liebezeit, Hans Joachim Irmler - Flut

Jaki Liebezeit, Hans Joachim Irmler
Flut
Erscheinungstermin: 18.07.2014
Label: Klangbad
Als Jochen Irmler und Jaki Liebezeit sich Juli letzten Jahres in Scheer trafen, um für ein unmittelbar bevorstehendes Konzert Im Schlachthof in Sigmaringen und einen anschließenden Auftritt in den Kammerspielen München zu proben, ließen sie das Proben sein und nahmen stattdessen das vorliegende Album auf sechs Improvisationen, in denen sich Orgel und Schlagzeug gegenseitig anstacheln. Natürlich ist das Album ein weiteres Kapitel in der Reihe von Irmlers Wunschkonstellationen. Wann immer sich die Möglichkeit ergibt, lotet er das Potenzial, das im Aufeinandertreffen von präparierter Orgel und Perkussion / Schlagzeug schlummert, auf das Neue aus. Zu den bisher in dieser Serie auf Platte veröffentlichten Kollaborationen gehören Irmler und Gudrun Gut programmierte Beats, FM Einheit—perkussiv gespielte Bassfeder und Christian Wolfarth Schlagzeug der interdisziplinären Ausprägung. Stets führten die offenen Akkordund Schlagabtäusche zu durchlässigen Ergebnissen.
Aber besonders der Improv-Zusammenprall von Irmler, dem Faust-Mann, Krautrock-Impulsgeber, Sparringpartner der Avantgarde, und Jaki Liebezeit, the human beat box, der lebenden Can-Legende, dem Musiker mit dem Mut zum Monotonen, hat Energien freigesetzt, die in die Zukunft weisen. Jochen Irmler: „Ich habe im Zusammenspiel mit Jaki begonnen, die Orgel ganz anders zu spielen, weil er mich einerseits herausforderte, andererseits eine nonverbale Kommunikation, vergleichbar nur mit E. S.P., zwischen uns stattfand. Die Sonne hat geschienen.“ Man möge diese Aussage abgleichen mit dem Stück „Sempiternity“ und dem darauffolgenden „Washing Over Me“. Der Organist und der Schlagzeuger klingen, als spiele ein Trio und kein Duo. Das liegt einerseits an den Distortions, durch welche die von Irmlers rechter Hand gespielten Melodien klingen wie verzerrte E-Gitarren. Andererseits entlockt Irmlers linke Hand dem Instrument immer wieder auf die Orgel verweisende Akkordflächen, spielt diese aber in anderer Manier als gewohnt, erweitert er die Kampfzone. Diese, Irmlers, dynamiktreibenden Erkundungen von Clusterneuland stehen Jaki Liebezeits im Kern stoischen, aber insbesondere auf den Becken immer wieder überraschend ausbrechend aufspielenden Grooves gegenüber. Hier spielt ein Minimalist mit extrem kontrollierter Lust auf Kollision, werden Wiederholungen und deren Verfeinerungen mit großer Disziplin in einen stream of consciousness überführt, der zu Bühne und Spiegel zugleich wird für sein Gegenüber.
Liebezeit: „Wir spielen ohne Noten. Und in Ländern, in denen es kein Notensystem gibt, hat der Rhythmus eine viel dominantere Rolle, zum Beispiel in Afrika. Die machen einfach anders Musik als Leute, die in Noten denken und Taktstrichen. Taktstriche sind wie Gefängnisgitter. Ohne Noten zu spielen bedeutet, dass du in Wiederholungen spielen musst, und Wiederholung ist Rhythmus. Und zugleich gibt es die Wiederholung nicht. Denn du spielst nie dasselbe.“
Gearbeitet haben Irmler und Liebezeit im Juli 2013 in regelmäßigen Rhythmen, an drei aufeinanderfolgenden Tage, jeweils von zwölf Uhr mittags bis in die Nachtstunden. Aus endlosen Sessions gestalteten sie ein Album mit hypnotischer Sogkraft. Sie erlebten es, wie die Sonne sich im Lauf der Improvisationen.
- Amalgam
- Golden Skin
- Ein Perfektes Paar
- Sempiternity
- Washing Over Me
- König Midas
Einen Kommentar schreiben