Die Hammond B3 als eigenes Genre jenseits von Rock und Jazz

von Cosmo Scharmer

Ben Kraef, Lutz Krajenski Peter Gall
Ben Kraef, Lutz Krajenski Peter Gall, Foto Cosmo Scharmer

Ben Kraef (Sax), Lutz Krajenski (Hammond) Peter Gall (Drums)
Jazz aus Berlin in A-Trane am 03.04.2018

Ja, dies sind musikalische Gegensätze, die heute Abend durch das A-Trane toben. Jetzt heißt das Genre nicht Jazz oder Rock – obwohl dies legitim wäre – sondern: Hammond B3. Dieser Sound der legendären – analogen – Orgel ist ein eigenes Genre. Gleich ob damit Jazz, Rock, Klassik oder Kirchenmusik gespielt wird. Der Sound klingt immer fantastisch. Dies dachte sich auch der versierte Berliner Tenorsaxofonist Ben Kraef, als er die beiden Nicht-Berliner als Gäste zu diesem Projekt einlud.

Die Stücke schriebt Ben Kraef dem Man an der Hammond auf den Leib. Und dies klingt dann so: Viel Groove, ein dichter kraftvoller Sound, der neben der röhrenden B3 durch den Funky Beat des Schlagzeuges und den vollblütigem Jazz des Tenors sich zu einem dröhnenden Spektakel aufschaukelt.

Also, die Orgel darf die Akzente setzen: mal harte Akkorde, dann ein paar melodische Anklänge, um in Sphären abzuheben oder den kosmischen Sound der Enterprise aufleben zu lassen. Dann wieder volle Dröhnung, was das Zeug hält, um dann in die Orgel der protestantischen Kirche abzuschweifen. Die Hammond B3 erzeugt stets ihr eigenes Kraftfeld. Das Sax von Ben Kraef bestärkt jetzt die andächtige Kirchengemeinde durch Tenorklänge, die im spirituellem Gestus an die Hymnen eines Predigers erinnern. Das Thema könnte „The Prayer“ lauten. Es ist eine Hommage an den Saxofon-B3-Sound mit markanter Unterstützung durch die Batterie. Die Musik wird dichter, steigert sich zum berüchtigten Power-Sound mir seiner zunehmender Intensität und Lautstärke. Aber dies gehört dazu!

Der Vollständigkeit wegen: es gibt auch die swingende Orgel. Zunächst durch ein Latin-Motiv eingeleitet, wechselt Organist Lutz Krajenski zum Swing. Und dies geht ab. Das Schlagzeug von Peter Gall mischt ordentlich mit, nimmt Fahrt und Schlagkraft auf und alles zusammen ist jetzt Big Band Sound. Swinging the A-Trane … Die Hammond faucht und brüllt, brachiale Klangsalven fallen über jeden her. Wer sich nicht retten kann, der ist verloren mit dieser B3-Dröhnung. Aber nicht genug! Jetzt gesellt sich das Tenor zu dieser Big Band und macht die Sache perfekt. Zu Beginn mit satten, aber sanften Tönen, dudelt sich das Tenor frei, steigert sich zusehend und spielt sich dann die Seele aus Leib und Instrument: „Tenor Madness“ lässt grüßen. Auch wenn das 2. Horn des Originals fehlt, Ben Kraef schafft dies auch allein. Mit versöhnlichen Melodielinien beendet das Sax diese Komposition von Horace Silver.

Den Rausschmeißer macht ein cool anmutendes Thema, soweit dies bei der heißen Hammond überhaupt möglich ist. Nochmal gibt es ein gefälliges musikalischeres Statement vom Man am Tenor. Die Trommel kann jetzt auch mal auf die Pauke hauen oder auf das, was so zum Schlagzeug gehört. Sich soloistisch freispielen, den Beat angeben und sich mir der B3 einen hitzigen Wettstreit liefern. So n´Art Battle. Schon mehrfach behauptet, stets bestätigt: Drums und Hammond B3 sind eine Big Band. Das Tenor bläst die Sahne darauf. Um Fortsetzung wird gebeten!

Text: Cosmo Scharmer

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