Jazzfest Berlin 2017 at the A-Trane - Berlin London Connection III
von Cosmo Scharmer

Silke Monk meets Thelonious Eberhard
Silke Eberhard (Alto-Sax), Sarah Tandy(Piano), Daniel Casimir(Bass), Kai Lübcke (Drums)
Durch die informative und unterhaltsame Einführung der Moderatorin erfährt das Publikum im brechend vollen Club A-Trane, dass diese Musiker noch nie zusammengespielt oder geprobt haben, sondern sich nur durch ihre Videos aus dem Netz kennen. Wir sind gespannt.
Kaum auf der Bühne gibt Silke Eberhard sogleich die Info, dass neben einigen Eigenkompositionen nur Thelonious Monk gespielt werden wird. Dies klingt gut, denn die Lady am Altsaxofon hat sich intensiv mit den Jazzklassikern - Ornette Coleman, Charles Mingus, Eric Dolphy – auseinandergesetzt und dies auf einigen Alben gut hörbar dokumentiert.
Den Auftakt bilden zwei Eigenkompositionen, die – eingeleitet durch ein Bass-Motiv – eine rhythmisch stark akzentuierte Musik erklingen lässt. Darüber werden lange Soli des Altsaxofons „gelegt“, welches mit stringenter Vehemenz einen kraftvollen Sound zum Leben erweckt. Auch die anderen können sich vorsichtig Warmspielen und tun dies mit etwas zurückhaltenden Soli. Schon verdammt gut für ein erstes Treffen.
Nach dieser Komposition von Silke Eberhard bewirkt das folgende Stück von Kai Lübcke eine etwas freier aufspielende, stärker energiegeladene Improvisationen. Auch hier schaffen die Bass-Figuren musikalischen Raum, es entwickelt sich eine hohe Verdichtung. Wie im ersten Titel ist ein ausführliches musikalisches Statement des Altsaxofons zu hören, das dem Ensemble-Sound sein Profil einhaucht. Jetzt beginnt ein Zwiegespräch mit dem Piano, welches sich steigert, um dann in eine kollektive Improvisation der ganzen Band zu driften. Das Thema schält sich noch einmal heraus, um dann abrupt zu enden. Ein Bass-Solo mit warmer Intonation leitet über in den Monk-Klassiker „Epistrophy“.
Dieses Stück klingt nicht wie von Musikern gespielt, die sich in einem Projekt treffen, sondern von einer eingeschworenen Band. Nicht genug mit den - von aller Last befreiten - Linien des Saxofons, jetzt übernimmt das Piano von Sarah Tandy die Stimmführung. Auch dieses Spiel entsagt aller Hektik wie Unruhe und sorgt mit perlenden Läufen für swingende Gelassenheit. Beeindruckend auch ihre auf den Punkt setzenden Akkordtechniken: „die fauchende Löwin im Konzertflügel“.
Dass die Band auch warme Balladen spielen kann, beweist die Komposition des Bassisten Daniel Casimir. Zusammen mit dem Piano ertönen sinnlich verführende Schleifen des Saxofons, erzählen schöne Dinge, so wie aus einem glücklich endenden Märchen.
Zurück oder besser vorwärts zu Monk. „I walked Bud“. Jetzt ist ein Monk angesagt, der „hot and very fast“ zu spielen ist. Ab geht´s und so klingt es auch. Noch mal unsere Löwin im Piano, aufrecht sitzend, fast in Yoga-Haltung, zeigt sie ihr Können. Ein entfesseltes, treibendes, mit Präzision gelebtes Jazz-Piano. Alle hören, bewundern und begeistern! sich an diesem Spiel: Monk is living.
„Evidence“
Der 2. Set ist ausschließlich dem Jubilar (100 Geburtstag) vorbehalten, dessen Titel Evidence dort weitermacht, wo der 1. Teil aufgehört hat.
Dieses Stück betont den Bezug zum Original. Die Klangfarben des Alts haben was von der altmeisterlichen Tradition des Saxofons, die Silke Eberhard höchst eigenwillig ausgestaltet. Wie Monk den „Schalk im Nacken“ sitzend, versprüht sie ihre Individualität. Diesen Geist von Monks Themen aufnehmend, bläst Silke Eberhard ihre Soli mit Humor und leichter Ironie den Hörern um die Ohren. Wo das immer noch nicht genug ist, springt die Pianistin in die Tasten und ergänzt mit kluger Witzigkeit. Sanft swingend hat die junge Lady was von der Erfahrenheit und Gewieftheit eines gestandenen Routiniers in den besten Jahren, der „glatzköpfig und leicht dickbauchig“ seit Jahrzehnten mit allen Wassern des Jazzpianos gewaschen ist. „Man“ möge mir diese Metapher verzeihen.
„Evidence“ ist auch das Stück, bei dem der Drummer Kai Lübcke seine Zurückhaltung aufgeben kann und trommelnd sich mal gekonnt austoben darf. Bisher diskret im Hintergrund agierend, ganz dem Sound der Band dienend, passt sein Spielweise trefflich zu den Themen. Es folgen weitere Stücke von Monk, bei denen auch Daniel Casimir seinen Anteil am Klangerlebnis beitragen kann. Die warmen Linien seines Spiels sind was für Liebhaber der tiefen Saiten mit ihren singenden Klangfarben, was für melodische Gourmets der Bassgeige. Leicht swingend, einfach unkompliziert schön, tönt sein Bass. In der „Beautiful Ballad“ ist nochmal alles zu hören, was diesen Abend auszeichnet.
Alles in allem ist dieses Konzert nicht nur eine lebendige Hommage an Monk, sondern auch - neben dem Erstaunen über ein gelungenes Zusammenspiel sich nicht kennender Musiker – eine Bestätigung von Gut-Aufgehoben-Sein, von Vertrautheit, von Wohlfühlen beim Erleben von Jazz-Ästhetik.
Silke Eberhard, die tolle Stimmung zwischen Musikern und Publikum genießend, bringt es auf den Punkt: „ Hier ist es so schön gemütlich“. Ja, so ist es! Und warum sollte es auch nicht beim Jazz gemütlich sein. Eine jazzige Gemütlichkeit jenseits der okkupierten Gemütlichkeit a la „Komödianten Stadel“. Dafür der Dank an Silke Eberhard, für diese Rehabilitierung des Begriffes und sein Einführung in die Welt des Jazz.
Einen Kommentar schreiben