Latarnik - Marianna

Latarnik - Marianna

Latarnik
Marianna

Erscheinungstermin: 29.03.2022
Label: Astigmatic Records, 2022

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Latarnik - Steinway & Sons piano

Marek Pędziwiatr ist seit über einem Jahrzehnt Teil der Musikszene. Bekanntheit erlangte er durch Projekte wie EABS und Błoto & Jaubi. Dennoch hat er seinen Namen nie durch das Prisma dieser Bands hervorgehoben und stattdessen auf kollektive Arbeit gesetzt. Nun ist es an der Zeit, dass Marek sein Debütalbum mit dem Titel Marianna vorstellt, auf dem er allein als Latarnik in einer Piano-Soloform auftritt.

Da er seit Jahren als Produzent für andere Künstler und als Komponist und Keyboarder für seine eigenen Bands gefragt ist, hat er seine Soloarbeit auf Eis gelegt. Zwischen all diesen Aktivitäten entstand in Mareks Kopf langsam "Latarnik". Unter seinem neuen Pseudonym nahm er zusammen mit der pakistanischen Band Jaubi eines der wichtigsten Alben des Jahres 2021 auf, Nafs at Peace, das von Pitchfork, The Guardian, DownBeat und Bandcamp ausgezeichnet wurde.

Latarnik, der in den Umfragen des Magazins Jazz Forum wiederholt als größter polnischer Synthesizer-Virtuose ausgezeichnet wurde, beschloss, sich den Zuhörern von einer ganz anderen Seite zu zeigen. Beeinflusst vom Klang der Soloaufnahmen von Thelonious Monk, Ahmad Jamal, McCoy Tyner und Emahoy Tsegué-Maryam Guèbrou, gab er die Elektronik auf, um (auf intime Weise) ein Debütalbum zum Gedenken an seine Urgroßmutter aufzunehmen, wobei er einen hundert Jahre alten Steinway & Sons-Flügel und analoges Tonband verwendete.

Die Begegnung mit der Hauptfigur beginnt in Maradtken (heute Maradki), einem Ort, der auf der Landkarte nur schwer zu finden ist, aber eine sehr interessante Geschichte des Erinnerns und Vergehens bietet. In der frühen Eisenzeit befand sich hier eine befestigte Siedlung, die von den Bewohnern der westbaltischen Hügelgräberkultur erbaut worden war und in der noch viele Jahrhunderte lang reges Leben herrschte. Das Dorf wurde im 18. Jahrhundert teilweise zerstört, nachdem dort ein Cholerafriedhof angelegt worden war. Um 1800 wurde auf einer kleinen Anhöhe eine bemerkenswerte Mühle gebaut, die bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ein Mittelpunkt des Lebens der Bewohner blieb.

Marianna war Masurin. Sie wurde 1898 unter preußischer Herrschaft in einer polnisch- und deutschsprachigen Familie geboren. Sie verbrachte ihre Jugend unter Evangelischen, war selbst eine gläubige Katholikin und praktizierte gleichzeitig traditionelle Volksriten. Sie konnte Menschen heilen, sie sammelte Kräuter, bereitete Tränke zu und sprach Zaubersprüche gegen Krankheiten. Sie hatte ihre eigene Lebensphilosophie, die auf Volksweisheiten beruhte und einen eigenen Dekalog darstellte, aber sie verließ sich auch auf den außerordentlichen Schutz der "Allerheiligsten Mutter Gottes". Marianna verstarb im Alter von 88 Jahren, kurz bevor Marek geboren wurde. Er kannte sie nur aus Familiengeschichten, die er dann in den emotionalen Klavierkompositionen des Albums verarbeitete. Marianna ist nicht mehr unter uns, und die Holzmühle in Maradki auch nicht. Trotzdem leben die Erinnerung und die besonderen Lebensrezepte in der Familie weiter, so wie auch die Nachbilder der Geschichte in den alten Fotografien aus Maradtken überlebt haben. Ihre Geschichte ist universell: eine Geschichte der Identität und der Wanderschaft, des Terrors, des Kriegstraumas und des ständigen Mangels. Es ist die Geschichte einer ganzen Generation, der Marianna angehörte und die von unseren Großeltern an uns weitergegeben wurde.

Text: Astigmatic Records

jazz-fun.de meint:
Marek Pędziwiatr beeindruckt einmal mehr, diesmal solo, mit seiner hervorragenden Form als Komponist und Instrumentalist. Das Ergebnis ist ein Album mit einer erstaunlichen Atmosphäre - subtil, voller Farben und musikalischem Raum, in dem der Pianist langsam eine umfassende solistische Aussage aufbaut. Sein sparsames Spiel, Raffinesse, Klarheit und Reinheit des Ausdrucks sorgen dafür, dass man das ganze Album mit einem Atemzug hört.

  1. Maradki (Sabat)
  2. Panna
  3. Antoni
  4. Głód
  5. Marta
  6. Strach 1945
  7. Wspomnienie
  8. Berlin
  9. Zniknięcie

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