Der UK-Sänger und Multiinstrumentalist Pete Josef operiert an der Schnittstelle zwischen Jazz, Soul, Pop und Downbeat: Sein Debüt „Colour“ erscheint am 30. Oktober bei Sonar Kollektiv.
Einen passenderen Titel als „Colour“ hätte Pete Josef für sein längst überfälliges Solodebüt nicht wählen können: Wie bei einem zufällig entdeckten, analogen Fotoalbum von einem zurückliegenden Trip ans Meer, die strahlenden Bilder schon leicht sepiafarben an den Ecken, sind es tatsächlich die Farbschattierungen, die satten, warmen Klangfarben dieser Songs, die einen immer wieder genauer hinhören lassen, ohne sich überhaupt einen wirklichen Reim darauf machen zu müssen.
Der an der Schnittstelle zwischen Jazz, Soul, Downbeat und astreinem Pop operierende Sänger und Multiinstrumentalist weiß, das warme Licht verschiedener Klangregionen in immer neue Rahmen zu fassen – und präsentiert insgesamt 11 Momentaufnahmen, denen man sofort anmerkt, wie persönlich sie sind, wie lange er sie hat heranreifen lassen.
Bevor er den Titelsong „Colour“ auf der gleichnamigen Vorab-EP im September veröffentlichte, teilte sich der in der Szene von Bristol sozialisierte Pete Josef bereits die Bühne mit Größen wie Roni Size und Kelis. Außerdem gründete er schon zu Beginn des Jahrzehnts mit Darren Emerson (Underworld) das Projekt The White Lamp, deren Club-Hit „Make It Good“, gänzlich überholt, auch auf der aktuellen EP vertreten ist. Nachdem dieser Song 2012 vom Berliner Label Sonar Kollektiv lizenziert worden war, wirkte er in den letzten drei Jahren an diversen, zum Teil eher in Richtung Club/Electro gehenden Veröffentlichungen des Hauses als Vokalgast und Co-Songwriter mit: Unter anderem war Pete Josef mit Alex Barcks, Paskal & Urban Absolutes, Marlow, Sascha Braemer und zuletzt mit ComixXx im Studio, deren gemeinsames „Broken Connection“ dieselbe Wärme und Intimität versprüht, wie es nun sein Debütalbum „Colour“ tut: „ComixXx und Pete Josef wälzen sich im Trennungsschmerz – und es klingt wunderschön“, hieß es bei Noisey, wo der Song im Sommer Premiere feierte.
Auch wenn Pete Josef, der inzwischen in einem kleinen Häuschen in Somerset auf dem Land lebt, ganz klar die Schönheit der Natur als wichtige Inspirationsquelle anführt, begegnet man auf „Colour“ keinen physiografischen Beschreibungen: Unterstützt von einem ganzen Dutzend befreundeter Gäste, Schlagzeugern, Kontrabassisten und Bläsern, vertont er mal klare, mal in der Schwebe gehaltene Gefühlszustände, wobei die Hoffnung auf ein helleres, in ein noch goldeneres Licht getauchtes Morgen doch jedes Mal überwiegt. Mit klanglichem Purismus hält er sich dabei niemals auf: Die Jazzanleihen vermischen sich ganz leichtfüßig mit einem Pop-Entwurf, der keiner simplen Formeln bedarf. Auch sind seine Soul-Exkursionen kein bisschen ironieverklebt, knüpfen also eher an die Sechziger und Siebziger an, nicht an die neuesten, oftmals unterkühlten Post-R&B-Gerüste.
Besagte Mischung aus purer Euphorie und gewichtiger, leicht melancholisch angehauchter Nostalgie, die auf seinem Erstling immer wieder durchschimmert, präsentiert Josef schon auf dem Eröffnungssong „Spring At Last“: Piano-Loops, Frühlingsvorfreude, schließlich mehr Bass, Live-Drums und Streicher, während er gemeinsam mit Gastsängerin Marie Lister (die bei gleich fünf Songs des Albums mitgewirkt hat) die „beauty of spring“ besingt. Genau wie das geradezu majestätisch wirkende, mit Trompeten bestückte „Mistress“, mit dem der Brite zeigt, dass er auch vor großen Pop-Gesten und Crooner-Referenzen keine Angst hat, handelt auch „Move On“ von zwischenmenschlichen Beziehungen – einem Schlusspunkt in diesem Fall: „I won’t lie to you I’m sad“, so die klaren Worte des Sängers.
Zum Teil über Jahre herangereift, von ihm selbst geschrieben, aufgenommen und produziert, durchstreift der Multiinstrumentalist im Verlauf von „Colour“ die unterschiedlichsten Klanglandschaften: Von introspektivem, nächtlichem Minimalismus („Night Gospel“, „Running In Series“) und ausgelassenen Vocal-Jazz-Songs – z.B. der „Travelling Song“ inkl. Bossa-Einschlag und „Live Your Life“ mit seinem „Live your life/live it well“-Mantra – bis hin zu zum epischen, um ein Gedicht von Emily Dickinson gestrickten „Hope“, das schließlich erhaben dahingleitet wie ein Stück von Cinematic Orchestra, nachdem seine Stimme davor minutenlang allen Platz der Welt für sich hatte.
Ganz anders wirkt diese Stimme über der gedrosselten Klaviermelodie von „Many Signs“, wenn Josef versucht, Abschied zu sagen – und dabei fast so klingt wie die Reinkarnation von Stevie Wonder. Wie wichtig dem gleichermaßen mit Westafrikanischer und Lateinamerikanischer Musik aufgewachsenen, aber auch in Sachen Folk und nicht zuletzt Electro/Dance bewanderten Briten die Beats sind, wird auf dem tropisch-hitzigen „Something Good“ noch einmal deutlich. Abgerundet wird sein Farbspektrum schließlich vom rhapsodischen Titelsong „Colour“, in dem die Natur doch noch in einem konkreten Bild auftauchen darf: „Wonder why/walking through flowers/it makes me high“. Beruhigend, wie einfach das Leben manchmal sein kann.
Wenn Pete Josef mit „Colour“ sein Debüt veröffentlicht, hat der Indian Summer seinen Soundtrack: Es ist die Restwärme vieler Jahre, dieses warme Licht, ein Vorbote des nächsten Frühlings, das mit jedem Anhören neu gebrochen wird und immer heller strahlt.
- Spring At Last
- Mistress
- Night Gospel
- Move On
- Live Your Life
- The Travelling Song
- Hope
- Running In Series
- Many Signs
- Something Good
- Colour
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