Roger Kintopf - Structucture

Roger Kintopf - Structucture

Roger Kintopf
Structucture

Erscheinungstermin: 29.05.2020
Label: Double Moon Records, 2020

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Asger Nissen - Alto Saxophone
Victor Fox - Tenor Saxophone, Bass Clarinet
Roger Kintopf - Bass
Felix Ambach - Drums

Klingen Ensembles unter der Leitung eines Bassisten anders? Ist der Rhythmus vielleicht ermüdender? Oder achten die Leiter mit dem großen Holzkorpus des Basses in der Hand mehr auf Form und Struktur? Charles Mingus gilt als Pionier einer ganzen Spezies, die sich vom Hintergrund nach vorne emanzipiert hat und bewusst das Rampenlicht sucht, um die eigenen Ideen und Phantasien in Töne und Klang umzusetzen. Eine von Mingus' Kompositionen trug den Titel "Better Get It In Your Soul". Die Essenz des Bassisten Mingus bestand aus einem Ideenreichtum und mindestens ebenso viel kraftvoller Energie. Als eigenständiger Interpret wurde seither jeder Bassist per se als eine Bedrohung für jeden regulären kommerziellen Betrieb eingestuft. Und das aus gutem Grund. Denn wenn Bassisten auf dem Fahrersitz Platz nehmen, geht es nicht mehr um Swing im gepflegten Walking-Basspuls, sondern um abenteuerliche Ausflüge in bisher unentdeckte Musikwelten.

Bassisten wie Mingus, aber auch Dave Holland, Barry Guy, Barre Philipps und aktuell Robert Landfernmann oder Peter Eldh machten es möglich, dass Ostinati plötzlich zu einer Melodie oder gestaltenden Struktur wurden, ein Prinzip, das Bela Bartok und Bruno Maderna in der modernen klassischen Musik schon lange praktiziert hatten. Im Jazz blieb dies jedoch ein weitgehend vernachlässigter Bereich. Der Bassist Roger Kintopf ist erst 21 Jahre alt. Der gebürtige Darmstädter lebt seit 2019 in Paris, als er diesen Weg am Konservatorium mit dem großen Riccardo Del Fra fortsetzte; mutig, neugierig, voller Ideen und frischer Konzepte. Mit elf Jahren begann er mit dem E-Bass, wechselte dann zum Kontrabass, spielte im Hessischen Landesjugendjazzorchester, von 2016 bis 2018 im Bundesjazzorchester und studierte parallel dazu an der Musikhochschule Köln bei Dietmar Fuhr, Dieter Manderscheid und Jonas Burgwinkel.

Sein zweites Album (nach der darauf aufbauenden Trio-CD "GLÄÜO" mit Ambach und Fox im Jahr 2016) trägt den Titel "Structure" und vereint vier Personen, deren musikalische Ansätze bei ihrer ersten gemeinsamen Begegnung miteinander verschmelzen. So entsteht Musik, die wohl den Segen von Charles Mingus hätte: voller Energie und packend trotz der vielen fein verästelten Strukturen. Wenn der Däne Asger Nissen (Altsaxophon), Victor Fox (Tenorsaxophon), Felix Ambach (Schlagzeug) und Roger Kintopf musizieren, entsteht aus ihrer geballten Energie ein mächtiges und kreatives Kraftpaket. Das konzentrierte Zusammenspiel der vier bewegt sich zwischen schnellen Pulsen und Leerlaufphasen, die von jedem gleichermaßen kontrolliert und verarbeitet werden.

Der Vibraphonist Christopher Dell zieht in seinen Liner Notes für "Structure" Vergleiche mit dem Gerry Mulligan Quartett (mit Chet Baker) und dem Jimmy Giuffre 3 (mit Bob Brookmeyer). Wie die beiden legendären Ensembles verzichten auch Kintopf und Co. auf Harmonieinstrumente. Stattdessen setzen sie auf die Melodie. Die Kompositionen basieren auf starken Strukturen, Rhythmen und Harmonien, die die beiden Saxophonisten Victor Fox und Asger Nissen in ein vibrierendes, spannendes Täuschungsspiel treiben, an dessen Ende die beiden Hörner einmal miteinander und dann wieder gegeneinander agieren und manchmal sogar wie ein Instrument klingen. Gerade deshalb lassen sich Felix Ambach und Roger Kintopf in keiner Phase auf die Rolle einer reinen Rhythmusgruppe reduzieren. Sie sind im Millisekundentakt am musikalischen Prozess beteiligt und schaffen damit die Grundlage für eine Spielhaltung, in der der Gesamtklang der Band und die Freiheit jedes Einzelnen gleichermassen im Vordergrund stehen.

Die Grundlage dafür bilden acht fein strukturierte, von Roger Kintopf komponierte Lieder. So demonstriert beispielsweise "Frostburn" Christopher Dell, "wie die Überlagerung eines 7/4-Taktes und eines 6/8-Gefühls ein besonderes rhythmisches Raster ergibt. Darauf entfaltet sich ein kontrapunktisches Thema, das - obwohl es eigentlich eine gebrochene Phrase ist - das Ostinato als modulare Struktur wieder ins Melodische zurückführt". Roger Kintopf, Asger Nissen, Victor Fox und Felix Ambach (Schlagzeug) schlagen allenfalls Geschwindigkeitsmodulationen vor, wie etwa in "Damn Good Coffee". Durch die extrem variable Handhabung der Instrumente entstehen auf diese Weise immer wieder neue Klangfarben. Wer sich "Structure" genau anhört, begibt sich auf eine spannende, reizvolle Hörreise voller aufregender Momente. So klingt der Jazz der Generation 2020: jung, herausfordernd und zugänglich sowie trotz seiner intellektuellen Aspekte emotional.

Text: Double Moon Records

jazz-fun.de meint:
Das Album "Structucture" ist konsequent, interessant und beweist, dass Roger Kintopf vielfältige und moderne Musik machen kann. Umwerfend, fesselnd und mitreißend gespielt.

  1. Respawn
  2. Garden City
  3. Underwood
  4. Frostburn
  5. Cl4p-Tp
  6. Damn Good Coffee
  7. Point Nemo
  8. Bob (the Squirrel)

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