São Paulo Panic - São Paulo Panic

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São Paulo Panic
São Paulo Panic

Erscheinungstermin: 17.07.2020
Label: Berthold Records, 2020

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Dani Gurgel - vocals
Thiago Rabello - drums
Timo Vollbrecht - saxophone
Martin Fabricius - vibraphone
Tal Arditi - guitar
Frederico Heliodoro - bass

São Paulo Panic – ein wagemutiges musikalisches Projekt, dessen Wurzeln in der Jazzahead! 2019 liegen. Alles begann mit einem Panel, zu dem die brasilianische Sängerin Dani Gurgel auf der Bremer Jazzmesse eingeladen hatte. „Gemeinsam mit Musikern wie Thiago Rabello und Martin Fabricius wollte ich über die Sprache des Jazz diskutieren. Vor allem darüber, inwiefern sie es Musikern erlaubt, unabhängig von ihrer Nationalität miteinander zu kommunizieren. Schnell entstand die Idee, die diskutierten Punkte im Anschluss in die Praxis umzusetzen und ein Album aufzunehmen“, erinnert sich Gurgel. Eine Idee, die auch aus Sicht der beiden Köpfe von BERTHOLD records, Anton Berthold und Nicholas Bild, vielversprechend klang. Also – gesagt getan – schickten sie die beteiligten Musiker für zehn Tage nach Brasilien. Genauer gesagt nach São Paulo, die Heimatstadt von Gurgel und Rabello, wo beide ein Aufnahmestudio betreiben.

Die Ergebnisse dokumentiert das Album São Paulo Panic, das am 24. April und damit zeitgleich zur Jazzahead! 2020 erscheint. Die Besetzung: Dani Gurgel (Gesang), Thiago Rabello (Schlagzeug), Timo Vollbrecht (Saxofon), Martin Fabricius (Vibraphon), Tal Arditi (Gitarre) und Frederico Heliodoro (Bass). Vollbrecht, der aus Brooklyn/New York zum Projekt dazustieß, würdigt die Entstehung dieses ganz besonderen Albums, das ohne den kreativen Mut der Labelchefs nicht entstanden wäre: „Es ist wirklich erstaunlich, was die Beiden in den vergangenen zehn Jahren auf die Beine gestellt haben. Künstler auf diese Weise zu unterstützen, ist schon außergewöhnlich“, findet der Saxofonist.

Die beteiligten Musiker hätte leicht eine Panikattacke befallen können, als sie zum ersten Mal im Studio aufeinandertrafen. So erklärt sich auch der Band- und Albumname. „Wie sollen wir das umsetzen, wird es überhaupt funktionieren?“, waren die ersten Gedanken, die Gurgel durch den Kopf schossen. „Das hätte alles ganz leicht schiefgehen können mit der Konsequenz, dass wir uns alle auf ewig gehasst hätten“, so die Sängerin im Rückblick. Gedanken, die – mit Blick auf die heterogene Besetzung – nicht ganz unbegründet waren. Bassist Frederico Heliodoro stammt aus Belo Horizonte – einer Region, die für eine gänzlich andere musikalische Tradition steht. Der israelische Gitarrist Tal Arditi (lebt in Berlin) und der dänische Vibraphonist Martin Fabricius komplettieren das Sextett. Ein musikalisch und kulturell bunt zusammengewürfelter Haufen also.

Aber Rabello, der nicht nur Schlagzeug spielt, sondern auch in die Rollen des Aufnahmeleiters und des Albumproduzenten schlüpfte, sorgte für gute Startbedingungen. „Alles begann mit einem prächtigen Barbecue, das Thiago für uns zubereitete. Darin ist er ein wahrer Meister“, erinnert sich Vollbrecht. „Nach diesem gemeinschaftlichen, kulinarischen Erlebnis auf seinem Balkon schickte er uns in getrennte Aufnahmekabinen, was mich ziemlich skeptisch werden ließ. Denn ich war davon ausgegangen, dass wir erst einmal alle gemeinsam in einem Raum proben, um uns aufeinander einzustellen. Aber für Thiago war es völlig selbstverständlich, uns von Anfang an in isolierte Kabinen zu schicken, was auch prächtig funktioniert hat. Zudem war es eine clevere Idee von Dani, mit Depois zu beginnen – einem Stück, das sie mit der brasilianischen Sängerin Tatiana Parra geschrieben hat und das wir alle kannten. Darin geht es um positive Erinnerungen. Ein exzellenter Eisbrecher, der von Anfang an richtig gut klang“, so der Saxofonist.

Vollbrechts anfängliche Skepsis schlug schnell ins Gegenteil um und mündete in Com Tempo – einem neuen Song. „Wir kamen aus dem Studio und wollten gemeinsam zum Essen gehen, aber er wollte nicht mitkommen, sondern im Wohnzimmer bleiben. Dort schrieb er gerade die Musik zu einem ziemlich düsteren Text von mir über den Klimawandel in Brasilien“, erinnert sich Gurgel. Von Gurgel stammt auch der Text von Past & Present, einer Komposition des Gitarristen Tal Arditi. „Er hat das Stück seinem Urgroßvater gewidmet, der ihn in der Kindheit sehr beeinflusst hat. Er emigrierte von Paraguay nach Israel. Sein Großvater wiederum wanderte von Italien nach Brasilien aus. Ich finde es erstaunlich, welchen Einfluss manche Menschen auf andere haben können – auch wenn sie aus völlig anderen Regionen der Erde kommen“, erklärt Gurgel. Den kompositorischen Stil von Arditi bezeichnet Vollbrecht als „im positiven Sinne gitarristisch. Seine Harmonien und die Voicings seiner Akkorde sind sehr gut aufeinander abgestimmt. Auf diese Weise ergeben sich komplexe Soundstrukturen, die außergewöhnlich klingen.“

Arditi steuerte auch die Musik zu Big Dreams bei. „An diesem Song haben wir zwei Tage lang gefeilt. Die finale Version klingt deutlich anders als in der Probe. Frederico hatte noch einige Vorschläge und so entwickelte sich das Stück zu einer Mischung aus israelischen Roots und modernen brasilianischen Rhythmen“, erläutert Gurgel. „Von Frederico stammt auch Insta, das er – in der instrumentalen Version – auf Instagram gepostet hat. Den Text habe ich später hinzugefügt. Er handelt davon, wie inhaltsleer diese ganze Social Media Welt oft ist“. Um ein aktuelles Thema geht es auch in der Komposition von Martin Fabricius. For the Greta Good bezieht sich – wie der Titel schon erahnen lässt – auf Greta Thunberg. „Ein trauriger Helden-Song“, wie ihn Fabricius beschreibt. Wer sich die Stücke des Albums anhört, könnte vermuten, dass das Sextett nicht erst wenige Tage, sondern schon viele Jahre zusammenspielt. Scheinbar mühelos gelingt es den Musikern, mit einem spannenden Mix aus unterschiedlichen Musikstilen eine gemeinsame Stimme zu finden. „Ich habe schon in vielen Bands gespielt, in denen hierarchische Strukturen herrschten. Daher empfinde ich es als außerordentlich erfrischend, derart demokratisch arbeiten zu können“, betont Vollbrecht. Auch für Gurgel war es eine prägende Erfahrung, „sich mit den anderen Musikern auf halbem Weg zu treffen und von ihren musikalischen Backgrounds zu lernen“. Ihr Fazit: „Wenn ich São Paulo Panic in einem Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen, dass es nach keinem von uns klingt, weil es nach uns allen klingt.“

Text: Berthold Records

  1. Big Dreams
  2. Sem Ar
  3. Maré Alta
  4. Loop Of Water
  5. Depois
  6. Insta
  7. 36-47
  8. For The Greta Good
  9. Com Tempo
  10. Past & Present
  11. Misturado

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