Sarah Chaksad Large Ensemble - Together

Sarah Chaksad Large Ensemble - Together
Sarah Chaksad Large Ensemble - Together

Sarah Chaksad Large Ensemble
Together

Erscheinungstermin: 17.11.2023
Label: Clap Your Hands, 2023

Sarah Chaksad Large Ensemble - Together - bei bandcamp kaufen

jazz-fun`s recap:

Die Klänge dieses Albums sind ein exquisites Amalgam aus komplexen Jazzstrukturen, wunderbaren Improvisationen und kompositorischen Ideen. Trotz ihrer Komplexität, Dichte und Intensität ist diese Musik nicht hermetisch - sie klingt frisch, spiegelt den Zeitgeist und die künstlerischen Fähigkeiten der wunderbaren Instrumentalisten wider, die an diesem Projekt beteiligt sind. Nicht zu überhören ist die bemerkenswerte Gesangsleistung von Yumi Ito auf "Lost". Ein tolles Album, wir sind begeistert!

Sarah Chaksad - alto and soprano saxophone, composition
Yumi Ito - vocals
Christoph Bösch - flutes
Fabian Willmann - tenor saxophone, clarinet
Catherine Delaunay - basset horn, clarinet
Hildegunn Øiseth - trumpet
Paco Andreo - valve trombone, euphonium
Lukas Wyss - trombone
Sophia Nidecker - tuba
Julia Hülsmann - piano
Fabio Gouvea - guitar
Dominique Girod - bass
Eva Klesse - drums
Misagh Joolaee - Kamancheh Track 2

Seit über zehn Jahren bereichert Sarah Chaksad die europäische Jazzszene mit größeren bis großen Formationen. Für ihre Produktionen und Konzerte wird die Schweizer Alt- und Sopransaxophonistin und Komponistin international gefeiert. „Das Konzert war ein wahrer Triumph. Chaksad’s writing and arranging is first class and the enthusiasm shown by the band was very evident“, notierte Jazzwise im Januar 2023 über ein Konzert in Island. „Sarah Chaksads Stücke jonglieren gekonnt mit insistierenden Motiven, gedämpften Klängen, sanften Schichtungen“, befand Jazzthing 2019 und das Jazzpodium hob ihre „raffinierten kompositorischen Kniffe mit zahlreichen motivischen Querverweisen innerhalb der Stücke, durchführungsartigen Themenverarbeitungen und fein ziselierten, auskomponierten Hintergründen der Improvisationen“ hervor. Die Weltwoche attestierte Chaksad „eine eigene, subtile musikalische Handschrift“ und verwies auf George Gruntz und Mathias Rüegg, und das Magazin Rondo lobte: „Ihre Stärke sind differenzierte, durchdachte Partituren, in denen sie virtuos mit den Klangfarben ihrer Formation spielt“.

Von 2012 bis zur Corona-Pause war Sarah Chaksad vor allem mit ihrem Orchester unterwegs, mit dem sie auch zwei Alben veröffentlichte. „Während der Pandemie habe ich viele neue Stücke geschrieben, die nach einer anderen Besetzung verlangten“, erklärt sie den Impuls zur Gründung ihres Large Ensembles im vergangenen Jahr. „Ich sehe die Band als logische Weiterentwicklung. Sie kann meine Vorstellungen von verschiedenen Klangfarben detailliert umsetzen, gleichzeitig habe ich die Möglichkeit, offener zu schreiben und mehr Raum für Improvisation zu lassen.“ Mit einer Person pro Instrument und insgesamt 13 Mitgliedern ist das Large Ensemble wesentlich beweglicher als Chaksads früheres Orchestra. „Ich finde die Möglichkeiten dieser Besetzung faszinierend, aus nur wenigen Akkorden spontan etwas entstehen zu lassen, wie zum Beispiel im ersten Teil von „Lost“.“

Dass die Balance zwischen notierten und improvisierten Teilen so perfekt gelingt, liegt natürlich auch an der Qualität der hochkarätigen Musikerinnen und Musiker, die Chaksad gezielt ausgewählt hat. Schon bei der Entwicklung des Repertoires hatte sie deren individuelle Spielhaltungen und Gestaltungswillen im Hinterkopf. „Mit den meisten in der Band habe ich bereits eine Geschichte. Viele kommen aus meinem direkten Umfeld in Basel, einige waren schon im Orchester. Es sind Persönlichkeiten mit einer starken improvisatorischen Ausstrahlung und zum Teil sehr unterschiedlichen internationalen Hintergründen, was mir sehr gefällt.“ Neben Basel ist Berlin einer der wichtigsten Herkunftsorte, andere leben in Paris und Trondheim oder haben einen brasilianischen, iranischen oder auch japanisch-polnischen Hintergrund. Zur gelebten Diversität des Ensembles gehört auch, dass es Musiker*innen verschiedenen Alters zusammenbringt.

Eine Premiere ist die Zusammenarbeit von Chaksad mit Julia Hülsmann, deren Stil ebenso auffällt wie die Ventilposaune von Paco Andreo und das Bassetthorn von Catherine Delaunay (Mitglied des Orchestre National du Jazz). Oder Fabian Willmanns markant timbriertes Tenorsaxophon und Yumi Itos glockenhelle, äußerst flinke, virtuos über mehrere Oktaven springende Melismen. Nicht zu vergessen Hildegunn Øiseths (u.a. Marilyn Mazur's Shamania, Trondheim Jazz Orchestra) Trompete, deren poetisch-atmosphärischer Ton bisweilen an Nils Petter Molvaer erinnert. Tragende Rollen im Hintergrund spielen Eva Klesse am Schlagzeug und der aus der zeitgenössischen Musik kommende Flötist Christoph Bösch.

Viele der Together-Kompositionen entstanden in einer für Sarah Chaksad emotional schwierigen Zeit. „Anfang 2020 ist mein Vater gestorben und meine Verbindung zu seinem Heimatland Iran war plötzlich unterbrochen. Auf der Suche nach meinen Wurzeln habe ich mich intensiver denn je mit traditioneller persischer Musik beschäftigt.“ Ihr Vater spielte die Röhrentrommel Tombak, ihre Schweizer Mutter ist klassische Musikerin. „Melodien und Klänge aus dem Iran gehörten in meiner Kindheit und Jugend einfach dazu, wir hörten sie so selbstverständlich, wie bestimmte Gerichte von dort bei uns auf den Tisch kamen. Trotzdem war mir der Reichtum der persischen Musik lange Zeit nicht wirklich präsent, weil ich mich vor allem auf Jazz konzentriert habe.“

Inzwischen ist sich Sarah Chaksad bewusst, wie sehr die eher unbewussten Erfahrungen ihrer Familie ihre heutigen Werke inspirieren. „Normalerweise entwickle ich zuerst die Basslinien und Melodien, der Rest kommt oft intuitiv dazu. Dass jetzt fast alle Stücke auf htTogether auf ungeraden Metren basieren, habe ich nicht gezielt geplant.“ Das Spektrum reicht von 5/8 im Titelstück über 6er-, 9er- und 12er-Takte mit unterschiedlichen Akzenten bis hin zu 13/8 in „Imagine Peace“. Unmittelbarer noch als die pointierte Rhythmik lassen bestimmte Melodielinien, etwa in „Hope“, an persische Traditionen denken. Am deutlichsten wird der Brückenschlag zwischen den Kontinenten im großartigen Solo von Misagh Joolaee auf der Spießgeige Kamancheh. Sein wunderbares Spiel verleiht Chaksads musikalisch-klanglicher Imaginationskraft in „Together“ zusätzliche Tiefe, gemeinsam schaffen sie eine besondere, ungemein intensive Stimmung.

Chaksads vielschichtige Kompositionen reflektieren persönliche Erfahrungen und Zeitgeschehen. Im Opener „Circle“ symbolisiert eine sich ständig wiederholende Akkordfolge die - manchmal auch amüsanten - Kreise, die das Leben zieht. „Meine Eltern haben in Berlin studiert und sich dort kennen gelernt, heute spiele ich mit Berlinern und nehme in der Stadt meine Platte auf“. Nachdenkliche Innerlichkeit und Aufbegehren spiegeln sich im ersten Teil von „Lost“, später signalisiert eine versöhnliche Melodie eine Art Beruhigung und Ausgleich der Gefühle. Verspielt wirken die gegenläufigen und ineinandergreifenden, mal repetitiv-knappen, mal strahlenden Motive von „Louana“, das die wechselnden, oft etwas richtungslosen Bewegungen eines Kindes stimmig und humorvoll vertont.

Vor den Aufnahmen im legendären Berliner Hansa-Studio im März 2023 spielte das Large Ensemble vier Konzerte, um einen Großteil des Repertoires einschließlich seines Improvisationspotenzials auszuloten. Natürlich würden sich die Stücke verändern, jeder Take jedes einzelnen Titels habe im Studio einen eigenen Charakter entwickelt, betont Chaksad die Agilität seiner Band. Das weckt Erwartungen für die im Februar anstehenden Auftritte in der Schweiz, Deutschland und weiteren Ländern.

Sarah Chaksad versteht ihr aufregendes neues Album auch als eine Art Plädoyer für den Zusammenhalt und das Zusammenstehen über nationale und politische Grenzen hinweg. Together verbindet den enormen Klangfarbenreichtum, die Tiefenschärfe und Dynamik einer Grossformation mit eindrücklichen, individuellen Soli. Raffinierte Rhythmik, vitale Spielfreude und einige im Jazz eher seltene Einflüsse ergeben eine intellektuell und emotional ansprechende Musik, die man nicht alle Tage hört.

Text: Clap Your Hands

  1. Circle
  2. Together
  3. Love Letters
  4. Green I
  5. Green II
  6. Lost
  7. Imagine Peace
  8. Tears
  9. Louana
  10. Hope

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 4 plus 2.