Yotam Silberstein - Future Memories

Yotam Silberstein
Future Memories
Erscheinungstermin: 15.03.2019
Label: Jazz & People, 2019
Yotam Silberstein - Gitarre
John Patitucci - Bass
Victor Goncalves - Piano, Akkordion, Perkussion
Glenn Zaleski - Fender Rohes, Piano
Daniel Dor - Drums, Perkussion
Nach dem brillanten „The Village“ (jazz&people, 2016) gleicht das neue Album des Gitarristen Yotam Silberstein einer großen Reise, die von einer Vielzahl musikalischer Traditionen inspiriert ist. Mit dabei: John Patitucci, Bassist der Superlative.
Yotam Silberstein spielte mit erfahrenen Jazzgrößen, etwa den Saxofonisten Jimmy Heath, Charles McPherson oder George Coleman (mit dem er immer noch regelmäßig in New York auftritt). Auch wenn er also mit der Jazztradition groß geworden ist und sie aufsog, auch wenn er sich die Sprache von Wes Montgomery, Kenny Burrell und Grant Green angeeignet hat und auch wenn er sich als zeitgenössischer Jazzgitarrist neben Musikern wie Lage Lund, Mike Moreno, Romain Pilon und Gilad Hekselman einen Namen gemacht hat, so gibt es doch ein Element, das Yotam Silberstein herausragen lässt: seine Offenheit für die Welt und im Besonderen für den südamerikanischen Kontinent, der sein musikalisches Universum schon lange Zeit inspiriert.
Ohne Zweifel ist es der Laufbahn dieses Musikers zu verdanken, dass er, der in der weltoffenen Kultur von Israel geboren wurde und seit 2005 in New York lebt, ein wahrer Weltenbürger geworden ist. Einer, der im Laufe seiner Reisen und zahlreichen Tourneen eine große Affinität zu anderen Kulturen und Traditionen entwickelt und sie schließlich vollständig in seine musikalische Welt integriert hat. So ist er etwa mit dem argentinischen Pianisten Carlos „Negro“ Aguirre befreundet, er war Sideman beim jamaikanischen Pianisten Monty Alexander und beim kubanischen Saxofonisten Paquito D’Rivera, und auch der brasilianische Gitarrist Toninho Horta, der auf einem seiner Alben spielte, zählt zu seinen Freunden. Durch viele solcher Begegnungen hat Yotam fortwährend seinen Horizont erweitert und sein Spiel und seine Inspiration mit verschiedensten Einflüssen angereichert: von Uruguay bis Peru, von Venezuela über Argentinien bis Brasilien – Länder, die er meist mit seiner Gitarre als Pass bereist hat.
Und doch: Das wesentliche Merkmal, das all diesen Anleihen gemeinsam ist, ist der Jazz. Yotam konfrontiert ihn mit anderen Inspirationsquellen, die seine Musik durchdringen, etwa aus Andalusien und dem Fernen Osten.
Um das Album „Future Memories“ aufzunehmen, wählte der Gitarrist Musiker aus, mit denen er regelmäßig zusammen spielt. Neben seinen eigenen Kompositionen gibt es auch drei Stücke von zwei großartigen brasilianischen Musikern, dem Mandolinisten Hamilton de Holanda und Paulinho da Viola, Meister des Choro und Erbe der Tradition eines Jacob do Bandolim und Pixinguinha. Überrascht es da, dass Yotam Silberstein mit Vitor Gonçalves einen Brasilianer in sein Quartett holte? Durch Adoption in Rio gelandet, arbeitete Gonçalves zunächst mit Maria Bethânia und Itiberê Zwarg (dem langjährigen Mitglied in Hermeto Pascoals Band), bevor er sich 2012 in New York niederließ, wo sein zweifaches Talent als Pianist und Akkordeonist nicht unbemerkt blieb.
Gonçalves teilt sich die Tasteninstrumente auf dem Album mit Glenn Zaleski, einem der bemerkenswertesten Pianisten, den die New Yorker Jazzszene in den letzten Jahren gesehen hat. In Ravi Coltranes Quartett bestach er durch seine rhythmische Ausgelassenheit und die Schärfe seines bissigen und kantigen Spiels.
Der Schlagzeuger Daniel Dor ist durch sein Mitwirken im Trio des Bassisten Avishai Cohen in bester Erinnerung. Mit verblüffender Leichtigkeit meistert er die ungeraden Taktarten, die von israelischen Jazzmusikern populär gemacht wurden, und bewährt sich als lebhafter Perkussionist mit der Fähigkeit, Klangfarben zu transportieren.
John Patitucci schloss sich dem Quartett an, nachdem Yotam bereits am Album „Irmãos de Fé“ (Newvelle, 2017) des Bassisten mitgewirkt hatte, einer Trioaufnahme, zu der Patitucci durch brasilianische Musik inspiriert wurde und bei der es nahelag, sich von dem Gitarristen begleiten zu lassen. Als langjähriges Mitglied in den Gruppen zweier der größten Persönlichkeiten des zeitgenössischen Jazz, Wayne Shorter und Chick Corea, bedarf Patitucci keiner weiteren Lobeshymnen. Auf „Future Memories“ demonstriert er seine Vielseitigkeit mit akustischem und elektrischem Bass sowie einem Fretlessbass. Den Solisten begleitet er mit vortrefflich artikulierter Präsenz, er ergänzt Groove und Kontrapunkt in wahrer Komplizenschaft mit dem Gitarristen: „Bei allem mit Yotam sprang sofort der Funke über. Er ist ein sehr intuitiver, sehr emotionaler Spieler. Er ist lyrisch, er ist auch rhythmisch sehr stark, er hat etwas zu sagen und er ist außerdem wie ein wandelndes Lexikon brasilianischer Musik! Ich habe es sehr geliebt, wie die Klangfarben überall um uns herumflossen.“
Ob der Gitarrist die bezaubernde Virtuosität der „Caprichos“ von Hamilton de Holanda in seine Arme schließt oder auf bewundernswerte Weise das gefährliche Spiel mit ungeraden Taktarten bewältigt; ob seine Gitarre die tanzenden Akzente eines brasilianischen Bandolim einfängt oder mit einem Hauch von Nostalgie mediterrane Küsten heraufbeschwört; ob sie federgleich über einer Melodie schwebt, die so simpel wie ein Schlaflied ist, oder ob sie die gemeinsamen Geister von Choro und Flamenco herbeiruft: Yotam Silberstein zeigt uns mit geradezu verwirrender Bravour die Bandbreite seiner Talente und die Fülle seiner Inspiration. Wenn die Gitarre das ideale Instrument für Nomaden ist, dann hat Yotams Gitarrenspiel von seinen Reisen rund um den Globus vielfältige Eindrücke mitgenommen, die ihren großartigen Ausdruck in einem mitreißenden und inspirierten Album finden. Es ist sein bisher persönlichstes, wie er sagt. Ein Album, das viele Fenster öffnet zu den Schönheiten dieser Welt und zu den Erinnerungen an die Emotionen, die diese in uns wecken.
- Future Memories
- Matcha
- Wind on the Lake
- Impedimento
- Intro to Night Walk
- Night Walk
- Capricho de Donga
- A Picture of Yafo
- Capricho de Espanha
- Choro Negro
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