Eurasians Unity - Eurasians Unity

Eurasians Unity
Eurasians Unity
Erscheinungstermin: 22.06.2018
Label: Yellowbird / enja, 2018
Caroline Thon – Saxofone, Leitung (Deutschland)
Tamara Lukasheva - Gesang (Ukraine) (Neuer Deutscher Jazzpreis 2017)
Feruza Ochilova - Gesang, Doira, Dutar (Usbekistan)
Negar Bouban - Oud (Iran)
Veronika Todorova - Akkordeon (Bulgarien)
Salman Gambarov - Piano (Aserbeidschan)
Alex Morsey - Bass, Tuba (Deutschland)
Bodek Janke - Schlagzeug, Perkussion (Polen)
East Meets West. Oft ein frommer Wunsch – hier geht er in Erfüllung: EURASIANS UNITY, ins Leben gerufen im Jahre 2014 von der Kölner Komponistin und Saxofonistin Caroline Thon für das Festival Women in Jazz, gewann ein Jahr später prompt den begehrten Weltmusikpreis RUTH auf dem Rudolstadt Festival, und wurde dann gleich zu weiteren Festivals wie z.B. das Morgenland Osnabrück weitergereicht. Ein typischer Live-Act also, aber das Ensemble hat sich längst gemausert, gehäutet und weiterentwickelt in Richtung einer perfekten Fusion aus Jazz, sprühendem Groove und tief verbundener traditioneller Musik. EURASIANS UNITY pflegt östlich-westliche Traditionen genauso wie die freie und jazzmäßige Improvisation, groovt ungemein und begeistert so (die nicht immer jazzaffinen) World-Music-Fans, und packt Jazz-Puristen dort, wo es heiß wird: bei ihrer Emotionalität. Keine andere aktuelle Band baut so erfolgreich auf die Wechselwirkung zwischen Jazz und ethnischer Musik, das macht diese eurasische Gemeinschaft so spannend. Und sie ist politisch hochaktuell, bekennt sich zur „Offenheit gegenüber dem Andersartigen oder Fremden“ und balanciert zwischen vielen Polaritäten, ohne zu nivellieren oder Gegensätze zu verwischen. Frauen und Männer arbeiten fernab jeder Quotenregelung zusammen, Jazz und traditionelle Musik, Improvisation und Komposition, orale und akademische Tradition gehen Hand in Hand. Angehörige von Völkern, die sich in Politik und Wirtschaft, Geschichte und Kultur allzu oft entzweit haben, treffen und verständigen sich als Freunde in der „eurasischen Mitte“. Acht Musikerinnen und Musiker aus sieben Ländern sind in der aktuellen Besetzung der UNITY versammelt. Caroline Thon setzt mit ihren souveränen Soli an Alt- und Sopransax jazzige Maßstäbe. Durch ihre ruhige Präsenz erhält das Ensemble gerade eben so viel kollegiale Führung, wie es braucht, um kreativ zu sein und die überbordende Energie eines solchen Klangkörpers nicht gleich in alle Richtungen zu versprühen. Gemeinsam mit der Gründerin sind vier weitere echt starke Frauen am Drücker. Osteuropäischer Wirbel bricht los, wenn die beiden sich perfekt ergänzenden Vokalistinnen, Feruza Ochilova aus Usbekistan und die in der Jazzwelt zurecht vielgepriesene Tamara Lukasheva (Ukraine) sowie die ungeheuer energiegeladene Akkordeonistin Veronika Todorova (Bulgarien) sich gegenseitig inspirieren. Negar Bouban aus dem Iran bereichert mit ihrer Oud die instrumentale Textur. Den Frauen zur Seite stehen drei gestandene Mannsbilder: Schlagzeuger und Perkussionist Bodek Janke (Polen), von dem eine nie versiegende rhythmische Energie ausgeht, der swingende (und singende) deutsche Bassist und Tubist Alex Morsey, ein Tausendsassa aus der innovativen NRW-Jazzszene, sowie der immens lyrische Salman Gambarov (Aserbeidschan) am Piano. Sie sind nicht nur als Rhythm-Section das tragende Rückgrat, auf das sich alle unbedingt verlassen können, sondern stehen ebenso als (nicht nur) Jazz-geprägte Solisten und Arrangeure zur Verfügung. A propos: arrangiert und komponiert wird seit der Gründung der UNITY nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit: Komposition oder traditionelles Stück wird aus der einen Hand in die andere zur Bearbeitung weitergereicht, möglichst an jemanden aus der jeweils „anderen Ecke“, das unterstreicht die interkulturelle Zusammenarbeit und schafft interessante Kontraste.
Beim Hören der hier vorliegenden „Debüt“-CD (aufgenommen beim RBB in Berlin, mit Unterstützung der Initiative Musik) muss man nicht lange warten, bis sich die versprochenen Fusionen vollends entfalten. Schon zu Beginn fegen „Devoiko Mari“ und „Göy Göl“ alle Bedenken hinweg, ob denn Jazz und Tradition wirklich so gut zusammen gehen. Traditionelle Liedstrophen leiten über zu freien Improvisationen und dadurch wiederum wird die folkloristische Kraft eines Grooves aus Akkordeon und Bass-Ostinato freigesetzt, als wäre es das Normalste der Welt („Shadowprint“). Die Handschriften von Musiker/innen und Arrangeur/innen changieren dabei elegant wie im lyrischen „Ey, sarviravon“. (Beide Stücke sind brillante Hinterlassenschaften der inzwischen aus der Band ausgeschiedenen Sängerin Simin Tander). An anderer Stelle, etwa im balladesken „Lonesome Heroes“, verwebt das Ensemble perfekt innerlichlyrische Melodien mit orchestralen Arrangements. „Topmadim“ fügt wiederum folkloristische Motive und moderne Sax- und Vokalimprovisationen zu einem organischen Ganzen zusammen. In „Kolysanka“ und „Shadowprint“ fährt Tamara die ganze Bandbreite ihres vokalen Könnens und Ausdrucks auf, ohne dass die Band um sie herum je die Bodenhaftung verliert.
Man nehme die Gelegenheit wahr, diese Band live zu erleben, z. B. auf der CD-Präsentation im Rahmen der Ruhr International, dem Fest der Kulturen am 17. Juni 2018 in der Bochumer Jahrhunderthalle.
Jan Kobrzinowski
- Devoiko mari
- Göygöl
- Simple one-theme negar bouban
- Shadowprint
- Ey, sarviravon
- Cycles
- Lonesome heroes
- Kolysanka
- Topmadim
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