John Beasley´s MONKéstra - Jazzfest Berlin 2017 - 05.11.2017

von Cosmo Scharmer

John Beasley’s MONK’estra
John Beasley’s MONK’estra, Foto: © Camille Blake

Der Nameweist darauf hin: Würdigung des Pianisten Thelonious Monk zum Hundertsten Geburtstag. Dazu stellte Pianist und Arrangeur John Beasly eine – von der Besetzung her – klassische Big Band zusammen. In dieser Band befinden sich - wegen der Wertschätzung der hiesigen Jazzszene - vier Berliner Jazzmusiker. Die Posaunen von Sören Fischer und Johannes Lauer, das Bariton-Sax von Nik Leistle (auch Mitglied im furiosen Maria Baptist Orchestra) und die Trompete von Till Brönner, wenn wir ihn zu den Berlinern zählen wollen.

Es geht recht unerwartet los, ein bekanntes Monk-Thema ist auf Anhieb nicht zu erkennen. Die Musik bewegt sich nach lateinamerikanischen Rhythmen, von einem knarrenden E-Bass geprägt und einigen folgenden Funk-Einsprengseln. Dafür erhalten die Musiker nun die Gelegenheit, ihr Können solistisch anzubieten. Dies geht so reihum. Fast jeder darf sich beweisen. Die Band hat mittlerweile verhalten zu swingen angefangen und spielt treibende Rhythmen. Da stürmen die Berlinert Posaunisten nach vorne, Nick Leistle eilt unterstützend hinzu. Die drei legen los. So richtig befreiender Jazz, was das Zeug hält. Ein Hauch des Geistes des legendären Globe Unity Orchestra aus den wilden Siebzigern weht durch den Saal. Die kollektiven Soli werden durch knackige Bläsersätze der Band abgelöst, eher abgeschossen.

Diese Bläsersätze schlagen ohne Vorwarnung auf. Manchmal scheinen sie aus dem Nichts zu kommen, aber wenn sie kommen, so geschieht dies unheimlich exakt, auf die Hundertstelsekunde ausgerichtet. Überhaupt zeichnet sich das MONK´estra durch hohe Präzision aus. Dies ist die versierte Handschrift von John Beasly, der weiterhin seinen Flügel allein in der Ecke schmoren lässt, sich einem diskreten Dirigieren zuwendet, um dann gut gelaunt auf der Bühne umher zu wandern.

Wo bleibt denn der Monk? Ja, der hat sich versteckt, kommt aber immer stärker zum Vorschein, besser zum Heraushören. Dieser Monk tarnt sich in den fulminanten Bläsersätzen. Dort haben sich die Titel versteckt und werden peu a peu zum Hören freigegeben. Hier und da blitzen seine markanten Melodien auf. Diese Art seine Kunst zu präsentieren passt trefflich zum schalkhaften Monk. In einer Art Medley werden verschiedene Themen angeblasen. Nicht jedes Stück ist auszumachen, aber so ansprechende und bekannte Titel wie Evidence oder Panonica sind gut herauszuhören.

Was, - außer diesen herrlichen Kompositionen – macht noch eine klasse Big Band aus? Richtig, knackige Arrangements , präzises Timing und mitreißende Soli. Einige Solostimmen haben wir schon gehört, aber es geht weiter. Dankbar nutzt Till Brönner die Gelegenheit, auf seinen Stil aufmerksam zu machen. Soll vermutlich heißen, es gibt nicht nur den soften Till Brönner, der nur sanfte Liebesballaden hinhauchen kann, sondern es gibt noch den mit dem glasschneidenden Sound. So bläst er in der bester Jazztradition einen schmetternden, die hohen Frequenzen auskostendenden, stählernen Sound aus seinem Horn. Es bereitet ihm offensichtlich Vergnügen, es hier vor aller Welt zu demonstrieren.

Also eine perfekte Big Band? Fast. Einzig die Abfolge und das Ineinander, Mit- und Gegeneinander von Blech- und Holzbläsern (Saxofone) bringt gelegentlich eine kleine konventionelle Note in den sonst überzeugenden Big Band Sound. Ein wenig meckern muss sein, wenn sich der vor 30 Jahren zugereiste Kritiker einen „echten“ Berliner schimpfen will. Aber dies ist „Meckern“ auf hohem Niveau.

Das letzte, dabei schön lang dauernde, Rausschmeißer-Stück lässt dann keine Wünsche mehr offen. John Beasly will als Bandleader doch noch bekunden, dass auch er einen zünftigen Pianisten abgeben kann. Nun also doch, ein Monk-Thema wird mittels Piano vorgetragen.

Blue Monk zum ersten und zum letzten! Nach dieser pianistischen Einleitung putscht das ganze Orchester in das Thema und gibt kein Pardon. Blue Monk, auf die Bühne geschmettert vom MONK´estra, dies ist eine großorchestrale Hommage an den Jubilar. Und weil der Sound so klasse ist, nochmal einige Solostimmen. Till Brönner macht den Anfang, legt mit einem schneidenden Solo los, steigert sich in schwindlige Höhen. Sein Kollege Rashawn Ross steht Till Brönner in nichts nach und legt noch ein Quäntchen Höhe und Schmiss drauf. Jetzt fallen auch noch die beiden übrigen Trompeten ein. So braust für einige Takte eine wahnwitzige Trumpet Battle über die Bühne. Die übrige Band tobt, dann das Publikum, dann ist Schluss. Das MONKéstra beendet das Jazzfest 2017.

Es sei noch erwähnt, dass am Tag zuvor, in der Intimität des Jazzclubs A-Trane, der Saxofonistin Silke Eberhard und den Musikern der Berlin London Conversations III eine ebenso gelungene Hommage an den Jubilar gelang.

Siehe auch:
Silke Monk meets Thelonious Eberhard

Text: Cosmo Scharmer

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