Johannes Enders - Sweet Freedom - A Tribute To Sonny Rollins

Johannes Enders
Sweet Freedom - A Tribute To Sonny Rollins
Erscheinungstermin: 06.02.2023
Label: Enja, 2022
Johannes Enders - Tenor Saxophone
Henning Sieverts - Bass
Jorge Rossy - Drums
Ashley Kahn beobachtete, „dass Rollins musikalische Texturen einer klar artikulierten Melodie vorzog“ und erhob ihn mit John Coltrane zu den „beiden Säulen des modernen Tenorsaxophons“. Joachim-Ernst Berendt fasste zusammen: „Rollins ist der herausragende Vertreter der motivischen Improvisation – seine Soli sind meisterliche Verarbeitungen und Fortführungen von Kernmotiven des Themas.“ Martin Kunzler fand dafür die treffende Beschreibung vom „Spiegelkabinett von Rollins‘ Improvisation“ und zitiert Joe Henderson: „the genius nucleus“. Da verwundert es, wenn Tribute-Alben für einen der letzten der großen Saxophonisten des modernen Jazz eher Mangelware sind. Es gibt zwar John Irabagons Foxy Trio mit Bassist Peter Brendler und Schlagzeuger Barry Altschul, das sich im Jahr 2010 eine ganze CD lang am Klassiker „Doxy“ auf verblüffende Weise verausgabte. Aber ansonsten sind programmatische Verneigungen vorm Tenorgiganten rar.
Ein guter Ausgangspunkt für Johannes Enders, einen der führenden europäischen Tenorsaxophonisten aus dem bayerischen Musikstädtchen Weilheim und Professor an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“, sich in seinem neuen Trio mit Sonny Rollins auseinanderzusetzen. „Ich bin schon immer ein großer Sonny Rollins-Fan gewesen wie die meisten Tenorsaxophonisten“, bekennt er, „wenn man ihn verehrt, ist nach vorne viel Spielraum für Interpretation.“ Doch wollte er nicht schlicht seine Stücke spielen, sondern hat sie ein bisschen verändert und sich anverwandelt. Dann betont er den Humor in dessen Spiel, der ihn stets besonders angezogen hat. Auch rhythmisch findet er den Ahnen total inspirierend. „A Night at the Village Vanguard“ nennt er dann als eine seiner zehn wichtigsten Platten überhaupt, da hört er eine unbändige Lebensfreude.
Der Zugriff von Johannes Enders auf das Ausgangsmaterial ist packend, temposcharf und elastisch. Ein eigenes Stück hat er beigesteuert, andere sind klug konzipierte Kombinationen. „There Will Always Be Another Mystery“ zum Beispiel vermischt „There Will Be Another You“ und „Misterioso“, „Air & Gin“ spielt mit „Airegin“, „Pin Up House“ mit „Pent-Up House“, „Like Sonny In Love“ ist bezogen auf Coltranes „Like Sonny“, und im Klassiker „Doxy“ hat er kühn die Taktart verändert. So hat jedes Stück seinen kleinen Gimmick, wie auch der Titel des Albums. „Sweet Freedom“ ist ein Wortspiel mit „Freedom Suite“, jener Rollins-CD von 1958, die wegen unerwünschter Politisierung des Jazz bald von den Labelbossen umbenannt wurde in das unverfängliche „Shadow Waltz“. Mit diesem hintergründigen Verweis reagiert Enders auf die aktuellen Tendenzen einer neuen Unübersichtlichkeit hinsichtlich politischer Erosionen.
„Eine Leinwand muss Oberflächenspannung haben, um darauf malen zu können“, ist einer der Lieblingssätze, wenn Johannes Enders seine jeweilige Rhythmussektion beschreibt. Wie kaum ein anderer Saxophonist hat er immer wieder Trioaufnahmen mit Bass und Schlagzeug veröffentlicht, u. a. mit seinem © Jan Scheffner Mentor Billy Hart. Für seine neuen Aufnahmen hat er eine Dreamband zusammengestellt. Mit dem in Basel lehrenden Spanier Jorge Rossy hat er den Traumschlagzeuger dabei, den er schon lange auf seiner Wunschliste hat. Er bewundert dessen elastische Leichtigkeit, dessen Dynamik, auch wenn er schnell spielt. „Mit ihm Gas zu geben, macht enormen Spaß.“ Es ist höchst faszinierend, mit welch federnder Leichtigkeit die beiden temposcharf durch die Stücke navigieren über dem stabilen Zentrum von Henning Sieverts am Kontrabass mit seiner präzise swingenden Intonation. „Eine Rhythmusgruppe, mit der man einfach immer weiterspielen möchte“, beschreibt das Johannes Enders.
So wird dieses Album der Verneigung vor einer lebenden Legende zu einem kurzweiligen Statement einer beeindruckenden Spielkultur, prall gefüllt mit abgezockten Interaktionen, ein intelligentes Ankerwerfen mit Blick nach vorn, dessen ausgefuchster Spaß sich ohne Umwege auf den Hörer überträgt. Die Geschichte geht weiter...
jazz-fun.de meint:
Zahlreiche musikalische Projekte sind mit den Werken von Sonny Rollins in verschiedenen Stilen und Besetzungen entstanden. Johannes Enders hat großen Mut bewiesen, dieses Album mit Werken des genialen Musikers ausschließlich mit dem Saxophon in der Hauptrolle einzuspielen. Denn sein Trio präsentiert ein interessantes ästhetisches Konzept, bei dem der Geist der Kompositionen nicht verloren geht und das mit großem Interesse gehört wird. In dieser Konvention sind seine eigenen Kompositionen den Werken des Meisters kaum unterlegen! Johannes Enders erweist sich als sensibler Saxophonist mit exzellenter Technik und ausdrucksstarkem Spiel.
- Air & gin
- Mostly Sonny
- Sweet freedom
- Strode rode
- There will always be another mystery
- Pin up house
- East Broadway run down
- Freedom suite [Part 2]
- Like Sonny in love
- Doxy
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