JazzBaltica 2019

Karin Hammar Fab 4 – 20.06.2019 - Upptakt im JazzClub - Jazz zwischen Platt, Englisch und Schwedisch

Karin Hammar Fab 4
Karin Hammar Fab 4, Foto: Nikola Stankovic

Karin Hammar – Posaune
Andreas Hourdakis – Gitarre
Niklas Fernqvist – Bass
Frederik Rundqvist – Drums

Die Musik der Posaunistin Karin Hammar hat es nicht schwer zu gefallen. Es sind unkomplizierte wie gefällige Themen, die gleich ins Ohr gehen. Oft mit einem ordentlichen Anteil an latinischen und brasilianischen Spielweisen. Das Quartett verfügt neben den Klangfarben von Drums und Bass über die der Gitarre, die oft – unisono mit der Posaune – in die Themen einführt, diese vorstellt, erweitert. Ein markanter - rhythmisch inspirierender - Sound prägt dieses Quartett, erzeugt durch einen eher wuchtigen, aber nicht wummernden Bass und das zurückhaltenden Spiel des Drummers. Harmonisch wie melodisch gestalten Farben und Zusammenspiel von Gitarre und Posaune den Gruppen-Sound.

Die Posaune der Chefin hat die Aufgabe, den voluminösen, tiefen Klangcharakter entscheidend zu prägen. Demzufolge hat sie die meisten Soli zu spielen. Das tut sie, und es scheint ihr sichtlich Vergnügen zu bereiten. Karin Hammar startet eher verhalten, nimmt dann Fahrt auf, steigert die musikalische Aussage der Titel, lässt die geballte Kraft der Posaune wirken. Auch wenn ihr Spiel ausdrucksstärker, wilder, akzentuierter und auch lauter wird, so verbleibt sie im harmonisch-melodischen Gerüst der Themen.

Dies ist gut bei den folgenden Titeln des 2. Sets zu hören. Durch ein kurzes Bass-Solo eingeleitet, nimmt die Posaune den musikalischen Faden auf, verstärkt die Klänge durch vollen Hall und spielt zum Tanze auf. Das Thema entlarvt sich als der populäre Song von Stevie Wonder: „Isn´t she Lovely“ mutiert hier in der Bearbeitung zu „Wasn´t she Lovely“. Yes, she is! Das folgende Solo von Karin Hammar zeigt sich lebhaft und expressiv, wagt sich zu kurzfristigen Ausflügen in das musikalische Reich der Freiheit, um alsbald wieder auf den vertrauten und bewährten Boden von Harmonie und Melodik zurückzukehren. So auch in den bevorzugten Rhythmen der Samba. Der Schlagzeuger Frederik Rundqvist sorgt mit federndem Beat beim zwei-taktigen – und deshalb so gut tanzbaren – Samba für die erforderliche rhythmische Kontinuität. Die Gitarre von Andreas Hourdakis macht mit und spielt zusammen mit der Posaune die melodischen Linien. Es geht ab, das Thema macht Lust und das Motto könnte lauten: „Gute Laune… auf der Posaune“. Zugegeben, diese Metapher ist schon etwas abgegriffen, aber hier trifft sie ins Schwarze des JazzClubs beim Upptakt. Oder brasilianisch formuliert: Todo bem… Das folgende Duo zwischen Gitarre und Posaune kommt arg neckisch rüber, aber auch das Duett zwischen der Posaunistin und Niklas Fernqvist am Kontrabass kann sich sehen und, vor allen Dingen, hören lassen.

Wie Karin Hammar erläutert, haben sie auch einen echten Hit, der es zu einer Spitzenposition in den Charts geschafft hat. „Uphill“ nennt sich der Titel, der jetzt ertönt. Das ist ein balladenhafter Sound mit einer gefälligen Melodie in lyrischer Ausgestaltung. Es erfolgen Improvisationen über dieses Thema mit der Posaune als führender Klangfarbe, die eng verschlungen mit dem Bass von Niklas Fernqvist harmoniert. Der warm anmutende Gruppen-Sound macht das Thema zur (Lieber-)Ballade.

Das Beste zum Schluss? Ja und nein! Der folgende Titel, der zum Ende des 1. Sets ertönte, hat es verdient, als Höhepunkt des Konzertes gewürdigt zu werden. Deshalb kommt das Beste jetzt zum Schluss, zum Schluss des Berichts. Dazu sind einige Infos wichtig, die Karin Hammar zuvor gegeben hat. Es geht um das Finden eines Titels für eine besonders schöne Komposition. Die Tochter der Posaunistin hilft aus, indem sie den Namen einer engen Freundin erwähnte: Hildegunn. So kam die Ballade zu ihrem Titel. Und jetzt kommt es. Diese Hildegunn ist nicht nur eine besonders gute Freundin, sie ist auch – wie es sich zeigen wird – eine hervorragende (Jazz-)Trompeterin. Und sie ist sogar anwesend, hier im JazzClub. Schon kommt Hildegunn Oiseth auf die Bühne. Ihre Trompete hat sie gleich mitgebracht. Die ersten Klänge entströmen dem Horn, breiten sich im Raum aus … Angerissene Töne, angehauchte Tonfolgen, es geht vorsichtig zur Sache. Die Gitarre unterstützt mit dezenter Untermalung. Hildegunn verstärkt die Klangfülle durch festere Intonierung, improvisiert allein über ein noch nicht erkennbares Thema. So ganz allmählich schält sich das Thema heraus. Weit gespannte musikalische Linien und Felder, die durch unisono gespielte Melodien noch verstärkt werden, wirken raumergreifend.

Nach der Kristallisation des Titels improvisiert Hildgunn über diese bestechend schöne Ballade. Es war eine hervorragende Idee, die Klangfarbe der Trompete von Hildegunn für dieses Stück und dieses Auftakt-Konzert zu gewinnen. Ein Gitarren-Solo sorgt für kurzzeitige Variation des Sounds. Bass und Drums machen zurückhaltend ihren guten Job. Das Solo der Trompete erschallt nun expressiver, der Sound verdichtet sich zunehmend, gelangt im sehr intensiven Zusammenspiel von Trompete mit Posaune zum absoluten Höhepunkt des Konzertes. Das Ganze tönt nach Schwelgen in weiten arkadischen Landschaften. Spannung und Titel lösen sich harmonisch auf. „Für diese Stück allein lohnt es sich zu kommen“, bemerkt der ergriffene Tischnachbar. Ja, so ist es. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Begeistert ist das Publikum der gleichen Meinung.

Text: Cosmo Scharmer
Foto: Nikola Stankovic

JazzBaltica 2019 - Fotoreportage

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