Pablo Held Trio - Lineage

Pablo Held - Lineage

Pablo Held Trio
Lineage

Erscheinungstermin: 09.09.2016
Label: Pirouet Records, 2016

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Pablo Held, piano
Robert Landfermann, bass
Jonas Burgwinkel, drums

Zehn gemeinsame Jahre – das ist heute eine große Leistung für jede Art von Beziehung; bei einer Jazzgruppe geradezu einmalig. Das Pablo Held Trio hat nicht nur überlebt, sondern ist weiter aufgeblüht. Im Januar haben der Pianist und Komponist Pablo Held, Bassist Robert Landfermann und Schlagzeuger Jonas Burgwinkel LINEAGE fertiggestellt, ihr achtes gemeinsames PIROUET-Album, und jetzt befinden sie sich mitten in ihrer „10 Year Anniversary Tour“, die drei Kontinente übergreift.

Kritiker preisen Pablo Held als eine „herausragende Figur der deutschen Jazzszene“, der sich bereits seinen Platz „auf dem Pantheon heutiger zeitgenössischer Klaviertrio- Leader“ gesichert habe. Gerechtes Lob für einen Musiker, der mit 29 Jahren bereits ein Jahrzehnt voll verblüffender Musik hinter sich hat, mit seinem Trio als Kern dieser Musik. Die einflussreiche deutsche Wochenzeitung DIE ZEIT stellte fest, dass Helds Partner Burgwinkel und Landfermann „sich den Ruf eines Traum-Gespanns für extreme musikalische Kommunikation“ erworben haben. Und Downbeat sagt über dieses Trio: „Wie markant auch immer der Rahmen beschaffen ist: Das Trio ist das Bild. Ein Trio, das nachdenklich und glühend zugleich nach sich selbst klingt.“

Die drei begannen einst am Konservatorium in Köln, zusammen Musik zu machen. Held erinnert sich: „Es war eine aufregende Zeit für mich, weg von zuhause und auf mich selbst gestellt. Alles war neu. Von Anfang an waren Robert, Jonas und ich ständig zusammen, haben viel unternommen und natürlich sehr viel miteinander gespielt. Wir sind eng befreundet und können über alles reden. Dieses Vertrauen hilft uns auch in der Musik. Beim Komponieren höre ich ganz klar Robert und Jonas in meinem Kopf.“

Seit einiger Zeit wollte Pablo Held ein Album aufnehmen, in dem das Trio „Stücke spielt, so wie ich sie einst geschrieben habe. Seit Forest of Oblivion haben wir ein Live-Konzept, bei dem wir im Prinzip alle Kompositionen im Moment de- und rekonstruieren. Die Stücke werden teilweise miteinander verbunden, manchmal tauchen hier und da nur kleine Fragmente der Kompositionen auf. Bei Lineage wollte ich nun zumindest für das Studio dahin zurückkehren, wie wir die Stücke für Forest of Oblivion und Music aufgenommen haben, nämlich die Stücke einfach nur so zu spielen, wie sie sind – mit all den Freiheiten, die sie ohnehin schon beinhalten. “Was den Titel betrifft, Lineage, also Abstammung, Abstammungslinie, ergänzt Held: „Woher wir kommen, welche Einflüsse uns prägen, das hat mich schon immer fasziniert. Und Einfluss bringt auch in gewisser Weise Verantwortung mit sich: die Verantwortung, diese Einflüsse zu verarbeiten und mit ihnen neue Wege zu beschreiten. Wir sind als Musiker Teil einer riesigen Abstammungs-linie von allem, was uns musikalisch vorangegangen ist. Zudem ist Jonas gerade Vater geworden, ich habe mein zweites Kind bekommen, und so gibt es eine Linie als Familie. Das Trio als musikalische Familie ist ja nun seit zehn Jahren zusammen, von daher zieht sich unser Dreigespann auch wie eine Linie durch meine musikalischen Tätigkeiten.“ All diese verschiedenen Gedanken umfasst der Titel Lineage. Die Stücke auf Lineage sind zumeist so gespielt, wie sie geschrieben wurden, und doch gibt es da diesen Eindruck von integrierter Freiheit, die bewirkt, dass man nur schwer feststellen kann, wo das Geschriebene endet und die Improvisation beginnt.

Etwas Vertrautes hat Hidden. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Pablo Held sehr viel Musik von Gil Evans hörte, als er das Stück schrieb. Die wechselnden Metren und der dynamische Umgang mit Raum geben dem Stück eine Qualität von frei-fließendem Aus-dem-Moment-Schöpfen.

Das tiefgründige und vielschichtige Lament ist ein wichtiges Stück für Held. „Ich musste letztes Jahr einen schweren Verlust verarbeiten, und dieses Stück half mir dabei. Beim Komponieren versuchte ich Klänge, Harmonien und Texturen zu finden, die sich zunächst für mich nicht gut anfühlten, und indem ich mich zwang, mich mit ihnen auseinanderzusetzen, fand ich Wege, dass sie sich letztendlich gut anfühlten. Ich schrieb die erste Seite, dann versuchte ich, sie nach dem Prinzip dem Kinderspiel ‚Stille Post‘ ‚miss-zuverstehen‘, und schrieb die nächste Seite. Es sind sechs Seiten ,Missverstehen‘ daraus geworden“. Pablo Held verwendet immer wieder ähnliche Techniken. „Wenn ich komponiere, versuche ich, Sounds zu finden, die mich aus meiner Komfortzone herausholen, um nicht nur in Klängen zu schwelgen, in denen ich mich wohl fühle. Dieses Wohlfühlen verleitet oft dazu, faul zu werden und nicht mehr weiter zu forschen. Ich versuche, in Richtungen zu gehen, die mir unbequem sind, solange, bis sie mir vertraut werden. Auf diese Art finde ich immer etwas, was neu für mich ist.“

Song Noir hat die Atmosphäre eines film noir: undurchsichtig, dicht, trügerisch. Pablo schwärmt: „Ich mag das Mysteriöse, dieses Gefühl, wenn man nicht weiß, was passiert.“ Der Doppelsinn des Titels Bernstein Fantasie bezieht sich auf die Jurassic Park-Bücher Michael Crichtons, die Pablo Held zur selben Zeit las, als er eine CD-Box mit Symphonien von Leonard Bernstein dirigierten Aufnahmen hörte. „Fantasie“ bedeutet in der klassischen Musik „frei komponiert“, und diese Definition wie auch die kreative Phantasie des Stücks passen zum Titel. Held hörte zur selben Zeit auch Bachs Chromatische Fantasie.

Das Titelstück Lineage hat eine hypnotische Qualität mit seinen minimalistisch dröhnenden Bässen und einem wiederkehrenden Melodiefragment der drei Töne Des, Es und E. Held sagt: „Ich habe dieses Stück eigens für diese Platte geschrieben. Viele meiner Kompositionen sind recht komplex – sie haben viele unterschiedliche Harmonien und schnell wechselnde Taktarten. Hier habe ich eine meditativere Stimmung und einen eher repetitiven Charakter gesucht.“ Was die innige und spielerische Romanze Ammedea betrifft, führt Held aus: „Ich habe einige Tage an diesem Stück gearbeitet. Meine Tochter hatte gerade angefangen zu sprechen, sie lief im Zimmer umher und sagte ständig das Wort ,Ammedea‘ – wir fragten sie, was das bedeute, und sie zeigte auf ihr Herz. Das musste einfach der Titel des Stücks werden.“ Über Meta sagt Pablo Held: „Ich versuchte etwas zu schreiben, was in time ist, aber nicht so klingt, als wäre es in time. Auch weiß man in dem Stück manchmal nicht, ob die Melodie im Bass oder in der Topnote des Akkords ist. Nochmal: Ich mag es, wenn man nicht genau weiß, was passiert.“

Über Spuren sagt Pablo Held: „Ich habe schon immer Stücke transkribiert, die mir gefallen. Aber um 2010 wurde eine Besessenheit daraus. Und so ist es noch immer. Ich lerne dabei etwas auf vielen verschiedenen Ebenen, und es hinterlässt immer Spuren in meiner Musik. Als ich dieses Stück schrieb, konnte ich Spuren vieler verschiedener Musiker hören, mit denen ich mich beschäftigt hatte.

Im Studio verfolgten wir das Konzept, wie erwähnt, die Stücke so zu spielen, wie ich sie geschrieben hatte. Das konnten wir mit allen anderen Stücken tun, aber bei Spuren gelang es uns einfach nicht. Nach vier Takes sagte ich dann: ‚Lasst uns nicht Spuren spielen, sondern Spuren suchen.‘ Wir gingen mit dem Stück dann eher so um, wie wir es tun würden, wenn wir live spielen.“

Der Kritiker Dan Bilawski nannte Held einen „brillanten Chemiker der Klangverbindungen, fähig, jedes Instrument ins Gleichgewicht zu mischen; manchmal ist es schwierig, ein Instrument vom anderen zu unterscheiden, aber zugleich leicht, in diesen mal wilden, mal sublimen Ton-Gebräuen zu schwelgen.“ Trotz aller Komplexität hat diese Musik eine ihr eigene Natürlichkeit, glänzend ausbalanciert zwischen dem Vertrauten und dem Unvertrauten; sie löst ein Gefühl des Überschwangs aus, der Entdeckung von etwas Neuem, das man nie vorher auf diese Weise gehört hat. Ganz wie Pablo Held sagt: „Wir sind jetzt zehn Jahre zusammen, aber danach fühlt es sich nicht an. Es hat immer noch etwas Frisches, wenn wir zusammenspielen, diese Begeisterung und diese Energie – da ist noch lange kein Ende in Sicht.“

  1. Hidden
  2. Lament
  3. Song Noir
  4. Bernstein Fantasie
  5. Lineage
  6. Ammedea
  7. Meta
  8. Spuren

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