That´s Live - Das Sinatra-Musical - Autor & Regisseur Stefan Warmuth im Gespräch mit Cosmo Scharmer von jazz-fun.de

Stefan Warmuth
Autor & Regisseur Stefan Warmuth

Jazz-Fun.de
Warum ein Musical über Frank Sinatra?

Stefan Warmuth:
Der Grund, ein Musical über Frank Sinatra zu machen, ist vielleicht zwei, drei Tatsachen geschuldet. Er ist ein großartiger Künstler des 20. Jahrhunderts, stand über mehrere Generationen hinweg an der Spitze des Showbiz und war – nach meiner Ansicht - der erste Popstar. Generell verkörpert seine Musik, sein zeitloser Stil den Swing, der immer wieder von Rock- und Popstars, wie zum Beispiel von Rod Stewart über Robbie Williams bis Lady Gaga’s gemeinsames Album mit Tony Bennett, aufgegriffen und gepflegt wird und nach wie vor aktuell ist. Last but not least ist es seit einiger Zeit en Vogue, solche Biograficals zu machen und damit herausragende Stars der Pop- und Rockgeschichte zu beleuchten, sowohl im Film als auch auf der Bühne und im Musical.

jazz-fun.de:
Was den Jazz betrifft, gilt Berlin als das Europäische New York. Spielte dieser Aspekt eine Rolle für den Berliner Jazzbassisten Stefan Warmuth beim Aufgreifen und Herausarbeiten des Themas?
Anders gefragt: Ist der Swing von That´s Life ein Berliner Thema?

Stefan Warmuth:
Der Swing von That´s Live ist sicherlich ein Berliner Thema, unter dem Gesichtspunkt, dass es eigentlich ein Weltthema ist. Swing ist einer der Musikstile, die auf der ganzen Welt von allen Kulturen adaptiert und goutiert werden. Genauso findet man im Swing Elemente der klassischen europäischen Musik. Wie ist der Blues entstanden? Durch die Vermischung afrikanischer Musikelemente mit klassischen europäischen Elementen. Wenn wir jetzt das Jahr 2020 schreiben, dann ist es vielleicht ein besonderes Thema im Rückblick auf die „Roaring Twenties“ des letzten Jahrhunderts. Ich erinnere an Komponisten wie Kurt Weill, die ebenfalls mit Jazz-Elementen gearbeitet haben. Auch der von Weill komponierte Song „Mackie Messer“ aus der „Dreigroschenoper“ war ein großer Hit von Frank Sinatra – „Mack The Knife“. Das sind die Themen der Städte, der Metropolen. Natürlich war und ist Berlin eine dieser Metropolen.

jazz-fun.de:
Ist es beabsichtig oder unumgänglich, dass ein Stück über den Jazz-Sänger auch zwangsläufig eine Hommage an den swingenden Big Band Jazz wird?

Stefan Warmuth:
Das ergibt sich sozusagen automatisch, dass es auch eine Hommage an die großen Big Bands der Golden Era of Swing ist. Das ist untrennbar mit Frank Sinatra verbunden. Die großen Bandleader Harry James, Tommy Dorsey, Benny Goodman sind zu ihrer Zeit Weltstars gewesen. Auch wenn das einem heutigen jungen Publikum vielleicht nicht gegenwärtig ist.
Frank Sinatra war der erste Jazz-Sänger, der das Verhältnis umgekehrt hat. Zuvor waren es immer die Orchester und deren Bandleader gewesen, die die Stars waren. Die Sänger waren nur singende Mitglieder der Band. Seit Frank Sinatra ist es der Sänger, der im Vordergrund steht. Mir war es ebenfalls wichtig, diese Umkehrung in der Gewichtung, diesen Switch, herauszukristallisieren. Das zeigt auch das Stück und das kommt auch in dem Konflikt zum Tragen, den Sinatra mit dem Big Band Leader Tommy Dorsey hatte. Das Musical zeigt auch, wie das Problem gelöst wurde.

jazz-fun.de:
Das Leben von Sinatra ist ohne Zweifel hoch interessant, aber nicht frei von Brüchen und Widersprüchen, wie bei allen Menschen. Der programmatische Titel-Song „That´s Life“ sagt eigentlich schon alles. Wie ist es möglich, diese Komplexität eines sehr erfolgreichen, aber nicht unumstrittenen Künstlers in ein Musical zu packen, das zu unterhalten bezweckt?

Stefan Warmuth:
Sinatras Leben ist nicht frei von Brüchen - unser aller Leben ist nicht frei von Brüchen. Bei Menschen wie Sinatra stehen diese Brüche mehr im Fokus der Öffentlichkeit als bei uns selbst. Aber sie sind vergleichbar. Mir geht es auch darum, Sinatra dem Publikum menschlich nahezubringen. Wir alle kennen tiefe Gefühle, wir kennen Sehnsucht und Verliebtsein. Wir kennen das Gefühl, sauer zu sein, Hass zu entwickeln oder ärgerlich zu sein. Diese positiven und negativen Ur-Gefühle kennen wir alle sehr genau. Mir ist es wichtig, damit auch den Menschen hinter der glamourösen Fassade zu zeigen.

jazz-fun.de:
Also ist intelligente Unterhaltung für ein mündiges Publikum intendiert, das auch keine Scheu hat, mögliche negative Seiten eines Weltstars zu erfahren?

Stefan Warmuth:
Ich wünsche mir nicht ein „mündiges“ sondern eher ein sensitives Publikum. Wenn man verstehen kann, warum ein Star - in dem Fall der Porträtierte - auf die eine oder andere Weise reagiert hat, dann hat man die Möglichkeit, sich zu entscheiden und zu sagen: Okay, ich hätte in der Situation vielleicht anders reagiert, aber ich kann trotzdem nachempfinden, was der Andere - der Star – dabei gefühlt hat. Das verbindet mich, bringt mich näher an diese Figur. Und ich finde es auch spannend, einfach mal hinter die Kulissen einer Person zu schauen.

jazz-fun.de:
Die bekannten “Schattenseiten“, also seine stets bestrittenen Kontakte zur Mafia und Politik im Sinn einer Contemporary Political Correctness werden nicht ausgespart, sondern ebenfalls thematisiert?

Stefan Warmuth:
Dazu gehören insbesondere bei Sinatra - wenn man sie so nennen will - die Schattenseiten, also auch seine Verstrickungen, soweit sie offenkundig bekannt sind: zum Beispiel im Kennedy-Wahlkampf, der ja nachweislich auch von der Mafia unterstützt wurde. Der Chef der organisierten Kriminalität Sam Giacana war eng mit Frank Sinatra bekannt. Wir thematisieren aber nur Dinge, die wirklich belegt sind. Das mag man mögen oder nicht und unterschiedlich bewerten. Das, was im Musical gezeigt wird, ist aktenkundig belegt, durch Telefon-Mitschnitte des FBI oder durch eigene Aussagen.
Diese Sachverhalte sollen nicht ausgespart werden, um Sinatra möglichst umfassend zu porträtieren und nichts zu glätten oder zu beschönigen. Aber geht es uns nicht ähnlich? Wenn wir Spielfilme über die Mafia sehen, dann kann es doch sein, dass wir durchaus Sympathien mit den Paten entwickeln, wenn sie einerseits eiskalt die eigene Großmutter über die Klinge springen lassen und gleichzeitig ihr allergrößtes Bedauern darüber kundtun. Wenn ich an Mario Puzos „Der Pate“ denke, dann gebe ich zu: Ich mochte diese Figuren irgendwie, die waren mir durchaus nahe. Ich fand die nicht abstoßend, auch wenn ihr Handeln zu verurteilen ist. Da bin ich ganz ehrlich. Und vielleicht ging es Frank Sinatra genauso.

jazz-fun.de:
Auch sein Verhältnis zu Frauen wäre nach heutigen Aspekten nicht unproblematisch. Zu Lebzeiten galt Sinatra, als Frauenheld. Heute würden ihn viele als Macho bezeichnen. Gibt das Stück auch darüber Auskunft?

Stefan Warmuth:
Ja, ganz sicher. Frank Sinatra war ein Macho, und jetzt sage ich als Mann im Sinne der heute gültigen Political Correctness mal etwas Gefährliches: Er hat sich in vielerlei Hinsicht so bewegt, wie es jeder von uns vielleicht auch mal gerne täte, aber sich nicht traut, weil wir aus einer anderen Generation kommen. Die 68-ziger waren ja die großen Brüder und Schwestern unserer Generation und haben uns in jeder Hinsicht emanzipatorisch beeinflusst und geprägt.
Aber eine gewisse maskuline Sehnsucht ist natürlich trotzdem vorhanden und vielleicht findet man es nach wie vor toll, ein bisschen so wie Sinatra zu sein. Das Schlafzimmer von Frank Sinatra - von den 1940er bis in die 70er-Jahre - kannten alle großen weiblichen Stars Hollywoods sehr genau. Sinatra war sicherlich ein Frauenheld, aber er muss auch etwas gehabt haben. Das waren ja keine Frauen, die darauf warten mussten, bis einer sie zum Tanz aufforderte. Die hatten ebenfalls freie Auswahl. Insofern muss Sinatra etwas einzigartig Umwerfendes gehabt haben. Da sage ich als Mann: Chapeau! Auch wenn man das heutzutage sicher anders bewerten würde.

jazz-fun.de:
An wen richtet sich das Stück primär? An ein eher reifes, an Jazz interessiertes Publikum? Oder können und sollen auch die jüngeren Jahrgänge angesprochen werden? Die haben mit Swing und Jazz à la Sinatra wenige Berührungen. Oder hat sich diesbezüglich etwas verändert?

Stefan Warmuth:
Wünschen würde ich mir, dass das Stück ein möglichst großes Publikum von mehreren Generationen erreicht. Natürlich richtet sich „That’s Life“ auf den ersten Blick vielleicht an die reiferen Jahrgänge, die Sie angesprochen haben und die Sinatra noch live erlebt haben. Das ist richtig. Aber, wie ich anfangs schon sagte: die Musik ist ja aktuell. Wenn Sie heute zu Konzerten von Michael Bublé oder Tom Gaebel gehen, dann ist genau dieses swingende Programm zu hören. Die heutigen Musiker machen es auf ihre Art, mit ihren Arrangements, und die Konzertsäle sind voll. Das ist ein Beweis dafür, dass diese Musik, diese Songs unsterblich sind. Diese Songs strahlen eine positive Lebensbejahung aus, die bestimmt auch ein junges Publikum erreicht. Meine Tochter ist gerade 29 geworden. Ich war erstaunt, wie viele Songs sie kennt.

jazz-fun.de:
Also auch an ein junges Publikum. Da die meisten Musicals Personen aus Rock und Pop thematisieren, ist das Genre bei der jüngeren Generation vertraut und beliebt. Darüber hinaus: Mit welchen stilistischen Mitteln - Dramaturgie, Musik und Tanz - kann es gelingen, jüngere Leute für swingenden Jazz zu gewinnen?

Stefan Warmuth:
Dank unserer wunderbaren Choreographin Amy Share-Kissiov gibt es zum Beispiel auch Lindy Hop Choreografien zu sehen, die fast akrobatische Tänze sind. Das sprüht vor Lebensfreude. Wenn ich die Communitys in Berlin und in Wien erlebe, die sogenannte „Bohème Sauvage“, die Etablissements wie das Wintergarten-Varieté oder Clärchens Ballhaus mieten, um dann genau mit dieser Musik und diesen Tänzen die Nacht zum Tag zu machen, dann ist das mehr als aktuell. Die sind alle zwischen 20 und 40. Und wenn die auch noch ihre Freunde mitbringen, dann bin ich ganz sicher, dass diese Freunde sich für Sinatras Musik begeistern werden.

Das Sinatra - Musical Bericht

That´s Life – Das Sinatra - Musical - Detaillierter Bericht

That´s Life – Das Sinatra - Musical - Detaillierter Bericht
Musicals sind etwa gleich alt wie der Jazz. Beide haben sich auch von Beginn an stark beeinflusst, haben sich des Materials des anderen bedient. Die Jazz-Musiker entnahmen Titel aus den Musicals und machten sie zu ihren Stücken und dabei weltberühmt. So sei an My Favorite Things aus My Fair Lady erinnert, das John Coltrane zu einem Jazz-Klassiker machte. Oder die Stücke von Gershwin wie Porgy and Bess, die - neben vielen anderen Jazz-Größen - Miles Davis mit Summertime verewigte.
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Termine 2020

  • 08.01.2020 DE - Berlin, Theater am Potsdamer Platz (Weltpremiere), 20 Uhr
  • 09.01.2020 DE - Berlin, Theater am Potsdamer Platz, 20 Uhr
  • 10.01.2020 DE - Berlin, Theater am Potsdamer Platz, 20 Uhr
  • 11.01.2020 DE - Erfurt, Messehalle 1, 20 Uhr
  • 07.02.2020 DE - Braunschweig, Stadthalle, 20 Uhr
  • 08.02.2020 DE - Dortmund, Westfalenhalle 2, 20 Uhr
  • 09.02.2020 DE - Köln, LANXESS Arena, 19 Uhr
  • 11.02.2020 DE - Kassel, Stadthalle, 20 Uhr
  • 12.02.2020 DE - Bielefeld, Stadthalle, 20 Uhr
  • 13.02.2020 DE - Kiel, Sparkassen-Arena, 20 Uhr
  • 14.02.2020 DE - Lübeck, MuK, 20 Uhr
  • 15.02.2020 DE - Hannover, Theater am Aegi, 20 Uhr
  • 16.02.2020 DE - Bremen, Metropol Theater, 20 Uhr
  • 17.02.2020 DE - Hamburg, Laeiszhalle, 20 Uhr
  • 18.02.2020 DE - Dresden, Kulturpalast, 20 Uhr
  • 19.02.2020 DE - Niedernhausen, Rhein-Main-Theater, 20 Uhr
  • 20.02.2020 DE - Karlsruhe, Konzerthaus, 20 Uhr
  • 21.02.2020 DE - Mannheim, Rosengarten, 20 Uhr
  • 22.02.2020 DE - Nürnberg, Meistersingerhalle, 20 Uhr
  • 23.02.2020 DE - Freiburg, Konzerthaus, 20 Uhr
  • 25.02.2020 DE - Stuttgart, Theaterhaus, 20 Uhr
  • 26.02.2020 DE - Stuttgart, Theaterhaus, 20 Uhr
  • 27.02.2020 AT - Salzburg, Festspielhaus, 20 Uhr
  • 28.02.2020 AT - Linz, Brucknerhaus, 20 Uhr
  • 29.02.2020 AT - Wien, Stadthalle F, 15 Uhr + 20 Uhr
  • 01.03.2020 AT - Innsbruck, Congress, 19 Uhr
  • 24.03.2020 AT - Bregenz, Festspielhaus, 20 Uhr
  • 25.03.2020 DE - Kempten, bigBOX Allgäu, 20 Uhr
  • 26.03.2020 CH - Zürich, Volkshaus, 20 Uhr
  • 27.03.2020 CH - Zürich, Volkshaus, 20 Uhr
  • 28.03.2020 CH - Bern, Theater National, 20 Uhr
  • 29.03.2020 CH - Basel, Musical Theater, 19 Uhr
  • 31.03.2020 DE - Leipzig, Gewandhaus, 20 Uhr
  • 01.04.2020 DE - Frankfurt, Jahrhunderthalle, 20 Uhr
  • 02.04.2020 DE - Essen, Colosseum Theater, 20 Uhr
  • 03.04.2020 DE - Halle, Steintor-Varieté, 20 Uhr
  • 07.04.2020 DE - Chemnitz, Stadthalle, 20 Uhr
  • 08.04.2020 DE - Augsburg, Kongress am Park, 20 Uhr
  • 09.04.2020 DE - Ulm, CCU, 20 Uhr
  • 10.04.2020 AT - Graz, Stadthalle, 20 Uhr
  • 11.04.2020 DE - München, Circus Krone, 20 Uhr
  • 12.04.2020 DE - Altötting, Kultur + Kongress Forum, 18 Uhr
  • 13.04.2020 AT - Linz, Brucknerhaus (Zusatztermin), 18 Uhr
  • 14.04.2020 DE - Wien, Stadthalle F (Zusatztermin), 20 Uhr
  • 15.04.2020 DE - Passau, Dreiländerhalle, 20 Uhr

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