Tobias Meinhart - Berlin People

Tobias Meinhart - Berlin People

Tobias Meinhart
Berlin People

Erscheinungstermin: 22.03.2019
Label: Sunnyside, 2019

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Tobias Meinhart - tenor saxophone
Kurt Rosenwinkel - guitar (1, 3, 4, 6, 7)
Ludwig Hornung - piano
Tom Berkmann - bass
Mathias Ruppnig - drums

Tobias Meinhart findet eine Balance zwischen New Yorker Träumen und deutschen Wurzeln auf seinen fantastischen, neuen Album Berlin People.

Für sein neues Album Berlin People wollte Tobias Meinhart die musikalischen Kulturen von New York City und Deutschland verbinden, indem er mit einer Band seiner deutschen Kollegen und einem amerikanischen Jazzgitarristen aufnahm, der Berlin zu seiner Heimat gemacht hat, dem großen Kurt Rosenwinkel.

Mont Meru
Ein markantes, stakkatohaftes Bass-Motiv scheut sich nicht, den Anfang zu machen. Vom Sax stammt die bald einsetzende Melodielinie, die sogleich durch eine agile wie energische Improvisation der Gitarre abgelöst wird. Es ist die von Kurt Rosenwinkel, der - aus dem Jazz-Eldorado New York kommend -, sich jetzt (Neu-)Berliner nennen darf. Alles in bester Definition nach Kurt Tucholsky, demzufolge, (früher) der echte Berliner aus Breslau kam, heute kommt er aus NYC oder Regensburg (Tobias Meinhart) und dem Rest der Welt.
Tobias Meinhart macht mit seinem Tenorhorn dort weiter, wo die Gitarre aufhört. Langes Solo mit unzähligen Schleifen, Windungen und Schlenkern in bester Tradition des Tenorsaxofons. Derweil trommelt sich Mathias Ruppnig an den Drums fast die Seele aus dem Leib, so geht das Ganze ab. Akzentuiert liefern Piano und Bass ihren unverzichtbaren Teil zum Gelingen des Sounds.

It´s Not so Easy
Kommt beschwingt daher. Schnelle Tempi, swingender Bass und jazziges Getrommel machen Laune. Tobias Meinhart lässt sich von den Jungs der Rhythmusgruppe nicht das Tempo klauen, er hält mit geschwind gespielten Läufen dagegen. Quirlige, energiereiche Sequenzen verstärken das Thema. Das folgende Solo wirkt ambivalent. Es könnte sowohl, von einem E-Piano oder einem elektronischen Keyboard stammen, als auch einer manipulierten Gitarre entspringen, so künstlich wirken die Klänge. Zur Entspannung gibt es dann ordentlich perlende Pianoklänge in denen sich Akkorde und solistische Figuren die Hände reichen. Auch die Motive des Sax´versöhnen wieder, erden den Sound. Ist nicht so einfach!

Balladen – die wohltönende Geschichten: Malala, Be Free, Childhood und Früher War Alles Besser
So sagt man. Was meint das Quintett? Verhaltene Klänge des Basses tasten sich durch den Raum, warm und harmonisch von Tom Berkmann intoniert. Das Piano steuert seine Akkorde zu diesem Stück bei, das sich mit dem Einsetzen des Saxofons definitiv als Ballade outet. So bleibt es auch: spannende Klangfarben, die Geschichten erzählen wollen, das in bester epischer Manier. Die großen Tenor-Saxofonisten des Jazz senden den Hörern verschmitzte Grüße; sie sind der Meinung, dass diese aktuelle Ballade ebenso authentisch kling wie früher. Na also.

Malala
Schon der sinnliche Titel lässt es vermuten. Malala gehört auch zu den bedächtigen Titeln, die sich als Ballade schmücken. Eine verschachtelte Melodie macht den Anfang. Die Gitarre von Kurt Rosenwinkel legt nach, sein Solo verschönert den balladenhaften Titel, seine Gitarrenlinien flirten mit dem Thema. Das Sax macht weiter, improvisiert, was das Zeug hält. Harmonisches Power Play at ist Best mit deutlichem Bezug zur Tradition. In gleicher Weise erspielt sich Pianist Ludwig Hornung seinen Anteil am Gelingen der Ballade: feinsinnig, gefühlvoll, fast kammermusikalisch, dafür mit mehr Expressivität. Das nun einsetzende Titelthema darf sich an den unisono gespielten Linien von Sax und Gitarre erfreuen.

Noch mehr Balladen gefällig? Aber bitte! Zart und einfühlend startet Be Free. Piano und Sax entwickeln - zusammen mit dem Bass - gemeinsam das Thema. Perlende Pianoläufe, verhaltene sphärische Klänge des Saxofons, diskretes Schlagzeug. Die Musik des Quartetts schwelgt in geruhsamer Stille.

Childhood
Zarte Tonfolgen, ruhig, verträumt, das Sax macht den Anfang, dann folgt ein kollektives Schwärmen in Harmonie und Melodie. Die Balance zwischen den musikalischen Elementen ist ausgewogen. Das intendiert auch das Gitarrensolo von Kurt Rosenwinkel, was ihm spielerisch gelingt. Der Titel steigert sich in Richtung Verdichtung und Dramatik ohne seinen Balladencharakter zu verlieren. Schön, wenn die Kindheit derart tönt(e). Ein Hauch von Utopie, die allen in die Kindheit scheint (Ernst Bloch), wird hier künstlerisch antizipiert.

Serenity
Das ist die einzige Komposition, die nicht Tobias Meinhart schrieb, sondern von Joe Henderson stammt. Altmeisterlich tönt der Sound, lässig swingt die ganze Band. Über diese swingenden Klänge lässt sich fulminant improvisieren. Gedacht, getan, so Tobias Meinhart. Dann die Gitarre, mehr Power Play als verträumte Spielerei. Kraft und Ästhetik der geschlagenen Akkorde zeigt das anschließende Piano-Solo. Was wäre eine Ballade ohne den singenden, warmtönenden Kontrabass? Das Solo von Tom Berkmann bewegt sich souverän im Kontext der musikalischen Aussage von Serenity. Wie der Titel so klingt auch Solo und Musik.

Berlin People
Ein rhythmisch bewegtes Stück. Altbacken wäre das eine flotte Weise oder jazzig salopp ein Tune mit viel Groove. Wie auch immer, es geht einfach ab! Ein raumgreifender Walking Bass, unterstützt durch vehement geschlagenen Drums, treiben vorwärts, packen Thema wie Hörer. So will es auch der Tenorist, der seine quirligen Sequenzen unentwegt in das Thema schleudert. Jetzt das Piano. Ludwig Hornung hämmert die Akkorde, linke und rechte Hand arbeiten ineinander, Genre und Sound entsprechend.

Alfred
Ähnlich souverän wie lässig swingend, erweist sich die Komposition Alfred, die nahezu alle Elemente der vorigen Titel enthält: ruhige Sequenzen, eingängige Themen, expressive Solostimmen wie rhythmisch akzentuierten Drive samt Groove.

Text: Cosmo Scharmer

  1. Mount Meru
  2. Früher war alles besser
  3. It's not so easy
  4. Malala
  5. Be free
  6. Serenity
  7. Childhood
  8. Berlin people
  9. Alfred

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