Elbjazz 2019 - Fotoreportage

In der Nacht am 01/02. Juni ging das ELBJAZZ erfolgreich zu Ende. Insgesamt wurden für die neunte Ausgabe eines der größten deutschen Jazzfestivals 20.000 Tages- und Zweitagestickets verkauft. An beiden Festivaltagen (31. Mai und 1. Juni) besuchten jeweils 15.000 Besucher die zwei Festivalzentren in der HafenCity und auf dem Werftgelände von Blohm+Voss.

Über 50 Konzerte auf acht verschiedenen Bühnen standen auf dem zweitägigen Spielplan, der durch ein vielseitiges Rahmenprogramm und eine Aftershowparty ergänzt wurde.

Ich war dabei und habe einige Fotos gemacht:

Saez-Eggers Trio

Das erst letztes Jahr gegründete Trio des Hamburger Pianisten Sandro Saez-Eggers ist mit Axel Burkhardt am Bass und Moritz Hamm am Schlagzeug besetzt. Auf dem Programm der drei jungen Musiker stehen sowohl eigenwillige Interpretationen von Jazzgrößen wie Chick Corea, Herbie Hancock oder Bill Evans als auch Eigenkompositionen. Das Zusammentreffen mit Saez-Eggers‘ Lehrer und mittlerweile auch Freund, dem Saxophonisten Gabriel Coburger, steht ganz unter dem Motto „A tribute to modern Jazz Piano Masters“.

Nordsnø Ensemble

Das Hamburger Oktett nutzt die Ensemblegröße, um für seine Stücke immer wieder neue, kleinere Besetzungen aufzustellen – vom intimen Dialog zwischen Stimme und Akustikgitarre bis zum vollen Gruppenklang, der neben Saxophon und Flöte mit Vocals, Posaune/Basstrompete/Euphorium, Klavier, Gitarre, Bass, Percussion und Schlagzeug aufwartet. Das Nordsnø Ensemble widmet sich der Verbindung skandinavischer Folklore mit Modern Jazz: mystische Stimmung trifft auf sphärische Soundscapes und hypnotische Rhythmen.
Ganz neu dabei: die volkstümlich-intimen, an anderer Stelle als „almost Bhangra-like in style“ beschriebenen Vocals der schwedischen Singer-Songwriterin Anna Arco, um die herum das aktuelle Programm des Ensembles entwickelt wurde, das die Zuhörer in die weiten Landschaften des hohen Nordens entführen und ihnen so einen kurzen Moment Alltagsauszeit schenken soll.

Julia Hülsmann Octet

Kaum jemand vermag es, andere so zu inszenieren wie Julia Hülsmann. Ihre Coverversionen klingen „wie von ihr erfunden – und ihre Originale klingen wie Standards.“ Wer einmal Hülsmanns brillante Trio-Adaption von Seals „Kiss from a Rose“ gehört hat, bekommt eine Ahnung davon, was Die ZEIT hier meint. Und wird das Cover dem Original künftig vielleicht sogar vorziehen. Die Pianistin hat bereits mehrere Cover-Alben aufgenommen, und findet noch immer neue Wege, andere Musikerinnen bei der Adaption bekannter Stücke gut aussehen zu lassen.
Für ihr Oktett hat Hülsmann ein klassisches Piano-Trio (Piano, Violine & Cello) mit einem Jazz-Trio (Piano, Bass & Schlagzeug) kombiniert. Gemeinsam mit den ECHO Jazz-Preisträgerinnen Eva Kruse und Eva Klesse sowie renommierten Sängern aus Norwegen, Angola und Deutschland macht sich Hülsmann an atemberaubende Neuinterpretationen von Songs von Alanis Morissette, Ani DiFranco und Feist.

Kamaal Williams

Den Albumtitel darf man mit einem Augenzwinkern verstehen: „The Return“ nennt der Keyboarder Kamaal Williams sein Debüt. Dabei war der Engländer nie weg. Als Henry Wu wurde Williams zu einem gefragten House-Produzenten, seine auf Live-Sounds basierende Band Yussef Kamaal zählte zu den aufregendsten Newcomern 2016. Den Weg dieses kurzlebigen Duos setzt Williams nun mit eigenem Trio fort: sein Traum sei es immer gewesen, Jazz-Funk im Stile der Herbie-Hancock-Alben aus den Siebzigern zu machen.
Dass der Südlondoner, der Hancocksche Grooves ebenso leichthändig beherrscht wie Stevie-Wonder-inspirierte Akkorde, dabei niemals rückwärtsgewandt klingt, verdankt er seiner Liebe zu Broken Beats und Hip-Hop. Was für stickige Londoner Kellerclubs konzeptioniert war, funktioniert längst auch auf größeren Bühnen: Ein grandioser Genre-Crossover mit Platz zum Tanzen und Wegdriften.

Michael Wollny Trio

2018 war das Jahr des Michael Wollny. Im März veröffentlichte der in Leipzig lebende Pianist gleich zwei umjubelte Alben auf einmal. Beim ELBJAZZ war Wollny erster Artist in Residence überhaupt. Seine drei Konzerte in der Elbphilharmonie absolvierte er mit Bravour, nur der Open-Air-Auftritt musste wegen eines heftigen Gewitters abgesagt werden. 2019 nun holt er den Gig wie versprochen mit seinem furiosen Trio nach.

Toytoy - Bambule [Rejazzed]

Wer hätte das gedacht? Drei der talentiertesten Musiker der jungen Hamburger Jazzszene kommen aus dem Allgäu. Alex Eckert, Samuel Wootton und Silvan Strauß spielten schon als Teenager zusammen in Bands. Jahre später taten sie sich für Veranstaltungen der Reihe Jazzlab mit Daniel Stritzke zu einem funky-experimentellen Quartett zusammen. TOYTOY lassen sich auf kein Genre festnageln: relaxter Rock trifft auf smoothen Funk und tighten Jazz.
Noch ist die Band ein Geheimtipp. Das dürfte sich spätestens mit dem ELBJAZZ-Auftritt ändern: TOYTOY spielen „Bambule“ von den Beginnern und andere Songs aus den Golden Years of Hamburg Hip-Hop. 20 Jahre nach Veröffentlichung dieses Hamburger Hip-Hop-Klassikers überführen TOYTOY das Album in ganz eigene instrumentale Jazz-Gefilde – Vocal Features nicht ausgeschlossen. Bambule [rejazzed] wird ein Fest - auch für alle, die sonst wenig Rap hören.

Manu Katché

Außerhalb von Musiknerd-Kreisen weiß kaum jemand, dass auf „Sledgehammer“ und „Englishman in New York“ derselbe Schlagzeuger spielt. Aber Manu Katché war nicht bloß auf allen wichtigen Peter-Gabriel- und etlichen Sting-Alben vertreten, mit seinen verblüffenden Fähigkeiten am Drumkit verschaffte er sich auch in den Jazz-Kreisen eines Jan Garbarek Respekt.
In den letzten zehn Jahren hat sich der bei Paris aufgewachsene Katché verstärkt als Solokünstler hervorgetan. Als Komponist und Bandleader glänzte er zuletzt mit Funk und Latin, auf dem neuen Album „The Scope“ geht es dagegen in eine elektronischere Richtung. Lässige elektronische Sounds treffen auf jazzigen Pop. Mit seiner einzigartigen Kombination aus Eleganz und Kraft und einem neuen Quartett liefert Manu Katché den perfekten Soundtrack, um unter Hafenkränen in den Sonnenuntergang zu schwofen.

NDR BigBand & Randy Brecker

Die NDR Bigband gehört vom ersten ELBJAZZ an zu den Programmpunkten, die eine sichere Bank sind. Immer wieder überrascht das Großensemble mit ungewöhnlichen Projekten oder präsentiert Jazz-Größen. Beim kommenden Festival wird das Randy Brecker sein. Der amerikanische Trompeter, 1945 in Philadelphia geboren, gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Blood, Sweat & Tears, leitete mit seinem Bruder Michael die Jazzrock-Combo Dreams, zu der noch Billy Cobham und John Abercrombie gehörten und aus der die Brecker Brothers Band entstand.

Alfa Mist

Eine neue Generation von Londoner Beatmakern entdeckt den Jazz. Zu der aufstrebenden Szene gehört auch Alfa Mist, der sich seine musikalischen Sporen als Grime- und Hip-Hop-Produzent verdiente, bevor er sich selbst das Klavierspielen beibrachte und die Werke seiner Idole studierte. Dazu zählt der Nordlondoner neben Miles Davis vor allem Hollywood-Komponist Hans Zimmer. Kein Wunder, dass Alfa Mists Debüt-EP „Nocturne“,ein Jazz-inspirierter Flirt mit Trip-Hop, Neo-Soul und Spoken Word, an einen verwunschen Soundtrack erinnert.
Auf seinem aktuellen Album „Antiphon“ verbinden sich jazzige Harmonien und edle Soul-Texturen mit vertrackten Hip-Hop-Beats zu einer luxuriösen Melange, die die gemeinsamen Wurzeln der Genres betont. Schließlich wusste schon Soul-Jazz-Großmogul Quincy Jones: If you’re really into jazz, there’s no way to dislike hip hop!

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 2 und 1.