Lars Danielsson - Sun Blowing

Morten Lund, Lars Danielsson, Marius Neset Foto: © ACT / Stephen Freiheit
Morten Lund, Lars Danielsson, Marius Neset Foto: © ACT / Stephen Freiheit
Lars Danielsson - Sun Blowing

Lars Danielsson
Sun Blowing

Erscheinungstermin: 29.04.2016
Label: ACT, 2016

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So etwas passiert heutzutage nur noch selten im Jazz: Drei Musiker, alle in Kopenhagen lebend, gehen spontan ins Studio, spielen dort das erste Mal zusammen und erschaffen eine Sternstunde des Jazz.

Der dänische Schlagzeuger Morten Lund rief das Projekt ins Leben. Der Initialfunke für diese Idee entstand bereits 2012, als er auf einer Zugreise mit dem norwegischen Saxophonisten Marius Neset und dem schwedischen Bassisten Lars Danielsson ins Gespräch kam. Alle drei kehrten von der JazzBaltica nach Kopenhagen zurück. Danielsson und Lund kannten sich bereits durch ihre gemeinsame Arbeit mit Cæcilie Norby und Ulf Wakenius. Neset hatte bis dato noch mit keinem von ihnen zusammen gespielt.

„Das Trio mit Saxophon, Bass und Schlagzeug gibt Raum und Freiheit“, beschreibt Lund. „Und ich spürte sofort, dass wir alle drei dieselbe Leidenschaft für das Unvorhergesehene haben, sich dem Moment hinzugeben und zu sehen, was passiert.“ Als Lund ein kostenloser Tag in Kopenhagens MillFactory Studio angeboten wurde, zögerte er nicht lange und rief Danielsson und Neset an. Jeder sollte ein paar Stücke mitbringen. Dann: „Einfach spielen, ohne große Vorbereitung.“ Weitsichtig wie Lund war, lud er auch Produzent Siggi Loch zu der Aufnahmesession ein. Und los ging‘s…

Lars Danielsson erinnert sich lebhaft an den Beginn der Session: „Es lief alles total reibungslos. Das Beste an improvisierter Musik ist der Flow und den haben wir vom ersten Stück an gespürt.“ Dieses war Danielssons Blues-Komposition „Little Jump“. Der First Take fand seinen Weg aufs Album und eröffnet „Sun Blowing“.

Normalerweise zeichnen sich Marius Nesets Aufnahmen durch sorgfältige Planung aus. „Sun Blowing“ ist die Ausnahme in seinem bisherigen Schaffen: „Das war eindeutig anders als ich es gewohnt bin. Aber sehr spannend. Es ist eine andere Art Musik zu machen, viel offener und freier. Ein großer Teil des Spiels zeichnete sich durch das Suchen und Finden der anderen aus“, beschreibt Neset diese neue Erfahrung. „Ich dachte die ganze Zeit: Wie würde ich es spielen, wenn ich es geschrieben hätte?“ Und tatsächlich gelang es Neset, sich die bisher unbekannten Stücke ganz zu eigen zu machen. Spricht man ihn beispielsweise auf Danielssons „Blå“ (blue) an, antwortet er nur: „Ich fühlte mich wie Zuhause.“

Der ganze Schaffensprozess zeichnete sich durch seine Natürlichkeit aus: Ein akustisches Trio, das quasi live aufnahm. Keine späteren Nachbearbeitungen oder Verbesserungen, bis auf kleine Ausnahmen: Eine zweite Saxophon-Stimme in „Evening Song For B“ und von Danielsson kreierte programmierte Harmonien.

Danielsson, Neset und Lund bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Form und Free, von Kraft und Raffinesse. Ein Trio ohne Leader mit intuitivem Verständnis füreinander agiert im lebhaften Wechselspiel von freien Passagen und fester Verankerung im Groove. Jeder der drei gibt Impulse für den Fortgang der Musik und erhält ausreichend Raum für solistischen Individualismus. Beeindruckend sind das sichere Timing und das feine Gespür für Dynamik. Das längste Stück ist zugleich das emotionale Zentrum von „Sun Blowing“. Nesets Komposition „Salme“ (Psalm) verläuft durch freie, improvisierte Abschnitte, die Erinnerungen an den Sound Jan Garbareks hervorrufen, bevor es „funky“ wird und sich das Trio zum Ende hin dann in der Abstraktion verliert. „Salme“ wurde von Neset vorher nur ein paar Mal im Duo mit Daniel Herskedal gespielt, nun findet es sich das erste Mal auf CD wieder.

Die einzige Komposition, die nicht von den Bandmitgliedern ist, erinnert an Michael Brecker. Morten Lund schlug Don Grolnicks „The Cost Of Living“ vor, das Brecker auf seinem 1987 veröffentlichten Debütalbum einspielte. Die 2007 verstorbene Saxofon-Legende ist Schnittmenge im Leben aller drei Musiker: Danielsson tourte mit Brecker in den 1980er Jahren in Europa, Lund spielte mit ihm auf einem Workshop im Duo und für Neset ist er erklärtes Vorbild. Jedoch weicht Neset bei „The Cost Of Living“ entschlossen vom Original ab und beweist einmal mehr, dass er ein ganz eigener Stilist ist, der das Tenorsaxofon, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb, „in eine neue Dimension führt.“

So wie die Künstler der italienischen Freskenmalerei den Mut hatten, in kürzester Zeit direkt auf nassen Putz zu malen, schufen die drei feinen Handwerker Danielsson, Neset und Lund ebenso etwas Besonderes innerhalb eines Tages. Oder wie sich Lund kurz nach den Aufnahmen euphorisch äußerte: „Es war wie… Wow! Haben wir das wirklich getan?!"

Marius Neset, tenor saxophone
Lars Danielsson, bass
Morten Lund, drums

  1. Little Jump
  2. Sun Blowing
  3. Up North
  4. Salme
  5. Folksong
  6. Evening Song For B
  7. Blå
  8. The Cost Of Living

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