Maik Krahl Quartet - Fraction

Maik Krahl Quartet - Fraction

Maik Krahl Quartet
Fraction

Erscheinungstermin: 29.05.2020
Label: Challenge Records, 2020

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„Maik Krahl repräsentiert die aktuelle Spitze der deutschen Jazztrompeter seiner Generation. Seine musikalischen Wortmeldungen bereichern mich und lassen mich mit Vorfreude in die Zukunft eines gesamtes Genres blicken, das es immer geben wird. Großes Kompliment!“ (Till Brönner)

Balladesk und Cool - das Blech der Trompete von Maik Krahl

Maik Krahl - Trumpet
Constantin Krahmer - Piano
Oliver Lutz - Bass
Leif Berger - Drums
Seamus Blake - Saxophone

Opening
Getragener Auftakt, warme Klänge der Trompete, ruhige Emotionen. Was könnte das anders sein als eine Ballade? In der Tat. Melodie und solistische Vertiefung des Themas sind Sache des Blechs von Maik Krahl. Aber bevor es zum Geschichtenerzählen kommt, ist das Aufwärmen schon zu Ende. Das war noch keine Ballade, sondern ein Vorgeschmack, ein Amuse Gueule, der die Neugier auf weitere Titel wecken soll.

Tangent to Tango
Und so geht es mit einem Tango weiter. Nun, nicht gerade klassisch argentinisch oder traditionell europäisch vorgetragen, sondern im schnellen Tempo präsentiert. Aber eindeutig Tango. Dafür sorgen Drums und Bass mit der markanten Betonung des Rhythmus. Jetzt übernimmt das Piano die Rolle des tanzenden Valentinos, Rhythmus und Thema nicht mit Füßen, sondern mit Händen auskostend. It Takes Four to Tango! Den melodischen Refrain und die ausschmückenden kleinen Variationen darf die Trompete nicht weglassen, wenn es ein zünftiger Tango sein soll. Ein wenig skurril tönend, steckt im Thema wohl auch eine gehörige Portion Ironie, für diejenigen, die es heraushören wollen. Ach ja. So beschwingt sich diese Version eines Tangos auch gibt, richtig tanzbar ist er nicht, aber das ist wohl nicht intendiert.

Big Adventures oft a Tiny Creature
Funk, so die Rubrik. Unüberhörbar schaffen Drums & Bass die Grundlage für die Bläser: unbeirrbar, keine Schnörkel, durchlaufende Funk-Rhythmen pur. Die Trompete hat Verstärkung durch das Tenorsaxofon von Seamus Blake erhalten, und so mutiert das Quartett zum Quintett, was den Sound bereichert. Den musikalischen Boden, den die Rhythmus Sektion bearbeitet, verleitet dazu, sich solistisch auszudrücken, auch mal ein längeres Solo zu blasen, sich mal schön auszutoben. Das tut der Saxofonist auf seine Weise, ein ebenso quirliges wie voluminöses Tenor steht dem Titel gut zu Gesicht. Die Trompete will nicht im Abseits stehen und liefert ihren Beitrag zwischen Cool and Hot zum Gelingen des wohlgelaunten Funk.

Part of Eternity
Noch ein Stück des Quintetts. Akzentuierter Rhythmus von Bass & Drums., unisono gespielte Melodien sorgen für den Auftakt. Dann wechseln sich die Bläser ab. Werfen sich thematische Bälle zu, geben Ideen vor oder antworten versetzt. Das Intermezzo von Bass und Drums überbrückt, füllt die Pausen auf zwischen den Ausschweifungen von Holz und Metall. Das geht eine ganze Weile so, bis das Tenorsaxofon von Seamus Blake sich ein längeres Statement erkämpft. Kräftig antreibend sorgen die Leute vom Rhythmus dafür – besonders Drummer Leif Berger -, dass eine musikalische Basis gelegt wird, die diesen kraftstrotzenden Sound erst möglich macht. Jetzt aber das Blech. Schnelle Figuren und ausgefeilte Linien setzen noch ein Ausrufezeichen. Die Bläser verabschieden sich dann mit gemeinsam getakteten Figuren, die den Titel zur Ruhe bringen.

At First Sight
Auch dieser Titel darf sich Funk schimpfen, nicht zu knapp. Als Stakkato gehämmertes E-Piano legt ein knalliges Motiv vor. Der Trompeter schlägt zurück, bläst seine Linien in das jetzt anlaufende Thema. Der markante Rhythmus bleibt bestehen, das Blech wird einen Tick melodischer. Aber nicht lange, denn jetzt spielt die Gitarre auf: energiereich wie energieverzehrend, Gitarren-Power in Verehrung an die wilden Jahre des rockigen Jazz oder jazzigen Rocks. Altmeister John McLaughlin sendet wohlgemeinte Grüße an seinen Kollegen vom Blech. Denn hier tönt, schrillt und kreischt keine E-Gitarre, sondern die verfremdete Trompete von Maik Krahl. Guitar-Sound was das Zeug hält. Nun, alle mögen es wohl nicht, wenn eine Trompete wie eine Gitarre klingt, aber für Liebhaber der 6-Saiten sind die verzerrten Sequenzen sicher eine Verstärkung des Gruppen-Sounds. Das E-Piano hört sich jetzt so an, wie ein Jazz mit elektrischer Ausrichtung klingen soll, alles ist erlaubt, nur nicht akustisch. Das tut es auch nicht. Die Ausnahme kommt dem Bassisten zu, der zwar auch Funky-Motive anzupft, aber eben akustisch. Ein paar Takte gängige Trompetenklänge blasen den Funk aus.

June 18 or the Dream to Fly
Also doch. Hier kommt die Ballade, nicht nur angerissen. Langersehnt wie der Regen im staubtrockenen Berliner Frühling. Wohlgefällige Linien erschaffen eine entspannende Frische und Spritzigkeit; das ist keine Geschichte von Traurigkeit Die Klangfarbe der Trompete macht die Ballade erst zur ausgereiften musikalischen Form: wohltemperiertes Horn, kein knirschendes Blech. Dann darf das Piano den solistischen Part übernehmen. Agil seine Akkorde und Läufe schlagend, baut er das Thema weiter aus. Nach dem frischen Regenguss des Solos von Constantin Krahmer obliegen die herzerwärmenden Klangfarben wieder der Trompete. Die lässt sich intensiv vom Kontrabass begleiten. Mehr, es entsteht de facto ein Duo, in dem Bassist Oliver Lutz kongenial den Balladenerzähler beispringt. Zum Finale erbringen alle ihren Tribut, um den Traum vom Fliegen musikalisch zu realisieren - Dream to Fly.

Interlude
Ein leise geschlagenes Ostinato-Motiv des Basses legt vor. Lyrische Melodien des Horns erklingen, verweilen im Raum, Stille suchen, sie finden. Die anderen Musiker verharren in diskreter Zurückhaltung. Schon ist die fragile Idee einer Ballade zerstoben. Fortsetzung folgt im 8. Titel Longtime Beauty.

Longtime Beauty
Fortsetzung der Titel 1 und 5. Am Anfang ist nur Piano und Pianissimo. Das Horn, warm aufspielend, steckt den Rahmen der Geschichte ab: zart schwelgen in Harmonien, sensibel Töne malen, eine Geschichte von Tiefe und Schönheit bekunden. Das Piano ist verhalten dabei, dann ein wenig Kontrabass, noch weniger Drums. Die Trompete hält die Story am Laufen und am Leben. Mehr Emotion ist aus dem Blech wohl nicht herauszuholen. Was mit den Titeln Opening skizziert, dann mit Interlude angedeutet, kommt jetzt zum Tragen. Die musikalisch zu Ende erzählte Geschichte der wunderbaren Ballade Longtime Beauty.

Text: Cosmo Scharmer

  1. Opening
  2. Tangent to Tango
  3. Big Adventures of a Tiny Ceature
  4. June 18 or the Dream to Fly
  5. Interlude
  6. Part of Eternity
  7. At First Sight
  8. Longtime Beauty

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